Mundolingua

Paris ist nicht gerade arm an Attraktivitäten, schließlich gibt es dort schon so großartige Museen wie den Louvre, das Musée de Branly oder das Musée d’Orsay. Aber ein Sprachenmuseum gab es bisher noch nicht. Höchste Zeit also, eines zu eröffnen!

Und genau das ist passiert: In Paris wurde vor einiger Zeit das Sprachenmuseum Mundolingua eröffnet! Warum ich das gut finde?

Weil die Sprache schon seit Jahrtausenden das Kommunikationsmittel ist und es verdient, endlich ein eigenes Museum zu bekommen.

 

Die allgemeinen Informationen

Das Museum Mundolingua befindet sich im 6. Arrondissement, nicht weit entfernt von der Église Saint-Sulpice und des Jardin du Luxembourg, einem Park, der sowieso einen Besuch lohnt! Du erreichst es ganz einfach mit der Métro, passende Haltestellen sind Saint-Sulpice, Mabillon oder Odéon.

Wenn du sowieso schon in der Gegend bist, laufe unbedingt auch einmal am Café de Flore vorbei – genau, das ist dieses berühmte Café, in dem schon Simone de Beauvoir, Jean-Paul Sartre, Karl Lagerfeld, Boris Vian, Jean Cocteau und Pablo Picasso regelmäßig zu Gast sind oder waren. Wusstest du eigentlich, dass in diesem Café jedes Jahr im November der Literaturpreis Prix de Flore verliehen wird?

Die genaue Adresse des Museums ist 10, rue Servandoni – 75006 Paris. Geöffnet ist das Museum täglich von 10 bis 19 Uhr, Erwachsene zahlen derzeit 7 Euro Eintritt. Natürlich gibt es auch verschiedene Ermäßigungen, gehe dazu am besten auf die Internetseite. Allerdings gibt es diese Seite zwar in verschiedenen Sprachen, aber (noch) nicht in Deutsch.

 

Wie groß ist das Museum?

Das Museum ist 170 m2 groß und beherbergt auf dieser Fläche eine Dauerausstellung zu verschiedenen Bereichen der Sprache. Ich war selbst erstaunt, was es dort alles zu entdecken gibt.

 

Was kannst du dir anschauen?

Es geht bei diesem Museum nicht nur darum, Ausstellungsstücke anzuschauen, sondern eher darum, vieles auszuprobieren. Genau deshalb ist das Museum so interessant!

Die Bereiche umfassen drei „Schwierigkeitsgrade“. Diese Schwierigkeitsgrade sind eine erste Einstufung der Inhalte – so beginnen Anfänger auf Stufe 1 und arbeiten sich nach und nach vor. Hast du schon Erfahrung mit Fremdsprachen und allgemein mit dem Lernen, dann fängst du auf Stufe 2 an und gehst dann zu Stufe 3 über. Solltest du ein Sprachexperte sein, kannst du auch sofort auf Stufe 3 einsteigen und dich mit den detailliertesten Informationen versorgen.

Dabei geht es nicht nur um europäische Sprachen, sondern um Sprachen weltweit. Und nicht nur das: Auch Tiersprachen, Zeichensprache, Mimik und Gestik und noch vieles mehr werden abgedeckt.

 

Wenn du also schon immer wissen wolltest, …

… was ein Linguist eigentlich so den ganzen Tag macht,

… zu welcher Sprachfamilie die deutsche Sprache gehört,

… was der Unterschied zwischen einzelnen Buchstaben ist,

… wie viele Sprachen und Dialekte es auf der Welt überhaupt gibt,

… wie der Mensch überhaupt Sprachen erkennt

oder … was eine Tonalsprache ist,

dann bist du hier genau richtig.

Du beginnst also mit den Basisinformationen zu den Sprachen und machst zum Schluss, wenn du möchtest, einen kleinen Abschlusstest.

All das befindet sich im Erdgeschoss des Museums, es gibt viele verschiedene Abteilungen, zum Beispiel: die Linguistik, die Sprache der Tiere, die Phonologie, die nonverbale Kommunikation, die Wortbedeutungen und Übersetzungen, der Satzbau. Außerdem gibt es einen Mitmachbereich, in dem du ausprobieren kannst, wie geschult dein Ohr ist. Erkennst du die Sprachen?

Du lernst also einiges über die Unterschiede zwischen menschlicher Sprache und Tiersprache. Du kannst entdecken, wie Laute gebildet werden und welche Spracharten und -kategorien es gibt. Außerdem wird der Körpersprache auf den Grund gegangen – häufig sagen wir etwas, was wir gar nicht meinen: Nach dieser Erklärung bist du dann fit für die nonverbale Kommunikation und kannst Mimik, Gestik und Stimmlage, aber auch Stilmittel genau zuordnen.

Auch maschinelle Übersetzungsprogramme und die Erkenntnisse dazu werden vorgestellt. Wenn du wissen willst, wie viel die Übersetzungen des Europäischen Parlaments in Brüssel kosten, bist du hier ebenfalls richtig.

Das für viele leidige Thema Grammatik bekommt in dieser Abteilung einen Ehrenplatz. Wie funktioniert sie? Was bewirkt sie? Danach wirst du Grammatik lieben, versprochen!

 

War es das schon?

Natürlich nicht. In den nächsten Abteilungen wird nämlich das Thema Neurolinguistik behandelt. Das klingt kompliziert? In der Neurolinguistik geht es unter anderem darum, wie Sprache verstanden und verarbeitet wird. Welche neuronalen Strukturen im Gehirn liegen dem zugrunde? Wie wird Sprache produziert? Du erfährst alles rund um deine Muttersprache und lernst auch vieles darüber, wie Menschen sich ihre Muttersprache überhaupt aneignen. Zudem werden Berufsbilder vorgestellt, die sich mit Sprachen beschäftigen.

Gleich geht es weiter mit dem Sprachenlernen – also unserem Kernbereich. Hier werden Fragen geklärt wie: Was versteht man unter falschen Freunden (die es im Übrigen nicht nur im Deutschen und Englischen gibt, sondern in vielen anderen Sprachverbindungen ebenfalls)? Wie kannst du eine Fremdsprache erlernen? Was sind die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft? Welchen Schwierigkeiten siehst du dich beim Sprachenlernen konfrontiert? Du merkst schon: Das ist ein hochinteressanter Bereich.

Wie aus einer anderen Welt mag dann den jüngeren Besuchern das Sprachlabor aus den 80er Jahren vorkommen – ja, so etwas wurde früher tatsächlich verwendet! -, mit dem du über 4000 Sprachen ausprobieren und hören kannst. Das ist sicherlich eine ganz besondere Erfahrung, denn wann hast du schon die Gelegenheit, Sprachen wie Indonesisch, Galizisch, Nordfriesisch, Piemontesisch oder Esperanto anzuhören? Und das waren bestimmt nicht die exotischsten Sprachen!

Bücher zum Sprachenlernen gibt es natürlich auch – im Sprachenmuseum eine ganze Bibliothek davon! Stundenlang kannst du darin stöbern! Und wenn du damit fertig bist, dann gehe doch gleich anschließend ins Fremdsprachenkino und schaue dir Filme und Dokumentationen aus der ganzen Welt an.

 

Die Reise um die Welt und in die Geschichte

Interessierst du dich für die Geschichte der Sprachen? Informiere dich im Sprachenmuseum, wie die Sprachen eigentlich entstanden sind und welche Mythen und Geschichten es in diesem Zusammenhang gibt. Sicherlich hast du von Turm von Babel schon gehört oder sogar das Bild dazu schon gesehen. Hier wird dir erklärt, was genau dahintersteckt. Kennst du dich in den ethischen Sprachen aus? Starte hier deine Weltreise zu den Azteken, den Hindus, den Afrikanern und den Indianern.

Von hier aus ist es zur Religion nicht weit. Spielt Religion überhaupt eine Rolle bei der Sprachentwicklung? Finde es heraus in diesem Themenbereich. Hast du schon von heiligen Sprachen gehört? Was haben Missionare mit Sprachentwicklung zu tun? Bestimmt kennst du Gutenberg und die erste gedruckte Bibel – auch dazu findest du Informationen.

In der nächsten Abteilung dreht sich alles um die Sprachenordnungen und die Wichtigkeit der Sprachen? Was sind die Weltsprachen? Was ist eine lingua franca? Welche Sprachen sind bedroht oder vielleicht sogar schon ausgestorben? Kann man Sprachen retten und wenn ja, wie?

Auch wenn du dich für Esperanto, die verschiedenen Sprachalphabete, die Blindenschrift oder die Zeichensprache interessierst, bist du hier richtig.

Ist dir schon einmal aufgefallen, dass sehr viele Menschen sagen: „Ich bin zu alt zum Lernen“ oder „Meine Frau lernt viel schneller als ich“? Im Sprachenmuseum werden diese Einflüsse untersucht und erklärt, etwa, welchen Einfluss das Alter, das Geschlecht oder auch die Stellung in der Gesellschaft auf das Sprachenlernen hat.

Auch eine Graffiti-, Kalligraphie-, Graphologie- und Stenographieabteilung fehlt nicht.

 

Jetzt wird es lustig … Sprache und Spaß

In dieser Abteilung darf auch gelacht werden. Was ist Slang? Du kannst dir Schimpfwörter anhören und dich darüber amüsieren. Außerdem kannst du mythische Codes entschlüsseln und verschiedene Sprachspiele testen. Besonders lachen kannst du natürlich in der Witzeabteilung, in der aber nicht nur Witze erzählt werden, sondern auch geklärt wird, worüber man in anderen Ländern lacht und warum Witze in einigen Sprachen funktionieren und in anderen nicht. Warum haben die Nationen einen so unterschiedlichen Humor? Alles sehr interessante Fragen, auf deren Beantwortung du sicherlich schon sehr gespannt bist.

Sprachen kann man übrigens auch erfinden. Ein Beispiel ist das Klingonisch – auch dazu gibt es Informationen. Weißt du aber, wo Klingonisch „gesprochen“ wird? Das ist eine geeignete Frage für eine Quiz- und Gameshow – du kannst im Museum auch an weltweiten Shows (virtuell) teilnehmen.

Außerdem geht es noch um Sprichwörter, Redewendungen, Eigennamen und Abkürzungen.

 

Jetzt wird es wieder ernst … und technisch!

Sicherlich hast du schon das moderne Lernen mit dem Computer, Smartphone und anderen neuen Technologien vermisst. Diese Informationen erhältst du in der nächsten Abteilung, außerdem kannst du dich hier schlaumachen, wenn du Sprachinstitute oder Universitäten suchst. Sehr interessant ist der Bereich, in dem es nicht nur um theoretische Erklärungen der Computerprogramme und Smartphone-Apps geht, sondern in dem du diese Programme wie zum Beispiel Spracherkennungssoftware und Übersetzungsprogramme selbst testen und ausprobieren kannst.

 

Was du jetzt tun sollst

Damit ist er zu Ende, unser virtueller Besuch im Sprachenmuseum Mundolingua. Du hast jetzt sicherlich schon Lust bekommen, dorthin zu fahren. Setze es doch auf deine Reiseliste – und erzähle mir danach, wie es war! Ich freue mich aber genauso über allgemeine Reiseberichte!