Heute gibt es einen Gastartikel von Anja von Inspirisiert
Ich habe vor einigen Wochen für Anja einen Gastartikel zum Thema „Sprachenlernen einmal einfach“ geschrieben. Hier ist nun das Gegenstück von Anja für meinen Blog. Ihr Thema ist „Sprachenlernen: Tust du es aus den falschen Gründen?“
Herzlichen Dank an Anja für den tollen Artikel – und jetzt Vorhang auf! Anja hat das Wort.
Sprachenlernen: Tust du es aus den falschen Gründen?
Da liegt es vor mir. Dieses dicke weiße Buch mit dem japanischen Schriftzug. „Genki“ steht drauf. In Hiragana. Ich kann’s tatsächlich noch lesen. Das letzte Mal, dass ich dieses Buch aufgeschlagen habe, ist schon eine Zeit lang her.
Ich erinnere mich noch genau an die Begeisterung, die ich damals verspürte. Man könnte fast von einem unbändigen Verlangen sprechen, von tiefster, reinster Sehnsucht, von…
Nun gut, das mag vielleicht ein bisschen übertrieben klingen, aber damals hatte es sich so angefühlt.
Mein Auslöser für diese Obsession war ein regelrechter Klassiker: Ich war schon als Kind ein riesiger Sailor Moon Fan. Später dann ein wenig verdrängt, hat mich diese Liebe mit Anfang 20 wieder eingeholt.
Anime, Manga, Live Action und Musicals… die Welt von Sailor Moon schien unendlich und je tiefer und intensiver ich in dieses Universum einstieg, desto mehr wurde ich auch von der japanischen Kultur aufgesogen. Und schließlich auch von der Sprache. Ich wollte mir alles im japanischen Original ansehen, um noch näher dran zu sein an dieser Welt, die solch eine Faszination in mir auslöste.
Es scheint unvermeidbar – je mehr du dich mit einer fremden Kultur beschäftigst und sei der Auslöser noch so banal – desto mehr wirst du dieses Verlangen spüren. Du möchtest diese Sprache lernen. Du möchtest Teil dieser Kultur sein, sie verstehen. Und das geht nur, wenn du die Sprache beherrschst.
Die Sprache als Seele der Kultur
Sprache & Kultur eines Landes und seiner Bewohner sind untrennbar miteinander verknüpft. Und oh ja – eine Sprache verrät so viel über die Eigenheiten der jeweiligen Kultur. Das Besondere an der japanischen Sprache: Der Fokus liegt hier weniger auf unterschiedlichen Tempora, sondern vielmehr auf verschiedenen Formen für die Höflichkeit. Mit Freunden und der Familie sprichst du ganz anders, als zu Fremden. Du musst das Verb dann anders konjugieren, je nachdem mit wem du sprichst.
Und das spiegelt sich auch im Verhalten wieder. Japaner sind sehr auf Etikette bedacht, auf Höflichkeit, Demut – wenn sie angebracht ist – und ja, eben korrektes Verhalten einer anderen Person gegenüber, je nachdem welchen (sozialen) Status sie hat. Man sagt in Japan übrigens nicht „nein“. Zumindest nicht wörtlich. Es gibt zwar ein Wort dafür („Iie“), aber prinzipiell gilt es als unhöflich nein zu sagen. Dann sagt man eher sowas wie „Sore wa chotto…“ was so viel heißt wie „Das ist ein bisschen… (ungünstig)“. Man redet also um den heißen Brei herum. Warum?
Ganz einfach.
Der Höflichkeit wegen.
Wenn du also eine Sprache lernen willst, solltest du dich darauf einstellen: Du bekommst so viel mehr als das reine Kommunikationsmittel. Du bekommst eine ganze Kultur! Und meiner Meinung nach ist das ein wunderschöner Grund zum Sprachenlernen. Du möchtest diese Kultur kennenlernen und zwar mit Haut und Haaren. Sozusagen.
Ein falscher Grund zum Sprachenlernen?
Ich würde dir jetzt gerne erzählen, dass ich knapp 5 Jahre später, nachdem ich mit dem Japanisch Lernen begonnen hatte, total der Experte in puncto Japan geworden bin, die Sprache aus dem Effeff beherrsche und dir genau diesen Artikel theoretisch auch mühelos auf Japanisch hätte schreiben können.
Kann ich aber nicht. Also dir genau das erzählen. Die Wahrheit ist – ich habe nach circa einem Jahr mit dem Japanisch Lernen aufgehört. Und das noch nicht mal bewusst oder etwa aus Frust vor mangelnden Lernfortschritten (tatsächlich bin ich sogar ziemlich frustfrei und effektiv vorangekommen), sondern schlicht und ergreifend, weil ich aus den falschen Gründen angefangen habe zu lernen.
What? Falsche Gründe zum Sprachenlernen? Ist nicht jeder Grund okay, der dich dazu bringt eine neue Sprache zu lernen?
Prinzipiell schon. Jeder Grund ist akzeptabel mit dem Sprachenlernen anzufangen. Wenn du jedoch wirklich dabei bleiben willst – dann gibt es Gründe, die genau das sabotieren. Solche falschen Gründe eben.
Ich weiß nicht genau, warum es gerade Japan war, das mich so faszinierte, aber ich weiß rückblickend inzwischen sehr gut, warum ich diese regelrechte Obsession entwickelte und mich stundenlang am Tag in diese andere Welt flüchtete.
Ich war unzufrieden. Ich war unzufrieden mit mir und meinem Leben. Ich lebte zu jener Zeit ein augenscheinlich sehr stabiles Leben in einer Kleinstadt, war kurz davor eine Familie zu gründen und eine Karriere als Wissenschaftlerin zu starten. Nur war es nicht das, was ich eigentlich vom Leben wollte. Das begann sich zu jener Zeit immer mehr herauszukristallisieren. Ich wollte frei sein, ich wollte raus aus der Wissenschaft, raus in die Welt, kreativ sein und vom kreativen Schreiben leben. Ich war mir dessen damals noch nicht so bewusst, und so habe ich mich in eine Welt geflüchtet, in der ich mich nicht mit Fragen zu meinem Selbst und meinem Leben beschäftigen musste.
Und so war es nur konsequent, dass ich nach nur einem Jahr mit dem Japanisch Lernen wieder aufhörte. Nämlich genau dann, als ich dabei war herauszufinden, was mein eigentlicher Lebenstraum war und langsam aber sicher die konkreten Schritte einleitete, um mir meinen Traum zu verwirklichen.
Heute – 5 Jahre nach meinem gescheiterten Japan-Projekt hätte ich durchaus Lust mal wieder mit dem Japanisch Lernen anzufangen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es nicht erneut Hals über Kopf abbrechen würde.
Warum? Weil ich nicht mehr aus den falschen Gründen lernen würde. Nicht mehr, um vor meinen Lebensträumen davonzulaufen, nicht mehr, um der Angst und einer notwendigen Sprengung meiner Komfortzone zu entfliehen. Sondern einfach, weil ich Interesse an der Kultur habe und mir meinen Lebenstraum parallel dazu und Schritt für Schritt verwirkliche.
Sprachenlernen: Erfüllst du die Voraussetzungen?
Eine Sprache lernen ist ein äußerst langfristiger Prozess. Das heißt konkret: Du musst dranbleiben. Wenn du aus einer Laune heraus anfängst – wie ich im Zuge einer zwar intensiven aber kurzen Liebe zur japanischen Animewelt, worunter mein wahrer Lebenstraum verschleiert lag – dann ist es nicht unwahrscheinlich, dass du früher oder später das Interesse daran verlierst und deine investierte Zeit in der Versenkung verschwindet.
Je mehr echte Leidenschaft, je mehr Herz darin steckt, desto wahrscheinlicher ist es hingegen, dass du es auch durchziehst. Und wenn sogar noch dein Lebenstraum damit zusammenhängt, dann hast du die ultimativen Voraussetzungen zum erfolgreichen Sprachenlernen gemeistert.
Trifft das auf dich zu? Was treibt dich zum Sprachenlernen an? Ich bin gespannt auf deinen Kommentar.
Wer diesen Artikel geschrieben hat:
Anja liebt Kaffee, Berlin, Zombies und Menschen mit faszinierenden Träumen. Auf inspirisiert.de bloggt sie über Lebensträume und mentale Strategien, um diese zu erreichen.
Vielen Dank für die Zusammenarbeit und großes Kompliment an deine Seite, dein Layout & Design ist echt schick geworden!!! 🙂
LG – Anja
Liebe Anja,
vielen Dank für das Kompliment und noch mehr „vielen Dank“ für die großartige Zusammenarbeit mit Dir!
Können wir gerne wiederholen.
Und: Im Juni bin ich in Berlin, vielleicht hast Du Zeit und Lust auf einen Kaffee!
Viele Grüße
Christine