Wenn du Deutsch lernen möchtest, dann habe ich heute einen Tipp für dich. Bei der ExpoLingua in Berlin habe ich im November Juliane Klingenberg Nery kennengelernt und mit ihr über ihr Deutschlernkonzept gesprochen. Ich finde ihren Ansatz ganz toll und habe sie also zum Interview gebeten. Hier sind ihre Antworten – und wenn du vorhast, mit einem Onlinekurs Deutsch zu lernen, dann ist Juliane definitiv der richtige Ansprechpartner für dich. Jetzt also Vorhang auf für Juliane!
Erzähle mir ein bisschen von dir – wer bist du, wo wohnst du, was arbeitest du? Welche Sprachen sprichst du?
Ich heiße Juliane, bin in Berlin geboren und aufgewachsen, habe dann in Frankreich und England studiert, danach ein Jahr in Kanada und zwei Jahre in Brasilien gelebt und nun bin ich mit meinem Mann und meiner kleinen Tochter wieder in Berlin. Seit schon über 10 Jahren arbeite ich als unabhängige Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache. Ich spreche Deutsch, Englisch, Französisch, Portugiesisch, Niederländisch, ein bisschen Slowenisch und lerne etwas Chinesisch.
Du hast das Deutschprogramm „German to go“ entwickelt. Kannst du erklären, wie das Programm aufgebaut ist und welches Ziel der Kurs hat?
Ja, wie schon erwähnt habe ich lange Deutsch als Fremdsprache unterrichtet – zumeist im Einzelunterricht, beim Schüler oder bei mir zu Hause, oder auf Skype. In dieser Zeit habe ich, unter Berücksichtigung der Wünsche der Schüler, sehr viel eigenes Material erstellt und nach und nach immer wieder verbessert und angepasst. Mit jedem neuen Schüler kamen neue Ideen hinzu, wodurch ich das Gesamtwerk immer besser an den natürlichen Lernprozess und an die Wichtigkeit und Nützlichkeit der Themen anpassen konnte. Diesen über lange Zeit entwickelten Kurs wollte ich mehr Lernen zur Verfügung stellen und habe in den letzten zwei Jahren bereits das Material der ersten 2 Niveaustufen komplett auf Video aufgenommen und auf meine Plattform www.germantogo.com * gestellt. Das Jahr 2018 werde ich dem Niveau B1 widmen und es werden noch viele weitere Ressourcen dazukommen.
Es handelt sich also um einen Kurs, der genauso strukturiert ist wie der Ablauf, dem ich normalerweise mit meinen Schülern im Einzelunterricht folge. In nur 150 Unterrichtsstunden bringe ich komplette Anfänger auf ein sehr gutes B1-Niveau. Und das erreiche ich auch in meinem Video-Kurs. Nur habe ich ihn etwas an die heutige Online-Welt und an die Schüler, die vorwiegend an dem Angebot interessiert sind, angepasst. Es sind vielbeschäftigte Berufstätige oder auch Eltern mit kleinen Kindern, die nicht die Zeit haben, sich eine Stunde am Stück, ein bis drei Mal die Woche freizuhalten, um Deutsch zu lernen. Daher habe ich den Kurs so aufgebaut, dass man mit einem Zeitaufwand von nur 15-20 Minuten am Tag in weniger als einem halben Jahr jeweils eine Niveaustufe durcharbeiten kann. Natürlich kann man auch mehr machen – dann kommt man dementsprechend schneller voran.
Das Ziel ist es zu lernen, selbstbewusst korrektes Deutsch zu sprechen. In meinem Kurs lernen die Schüler, lieber etwas langsamer zu sprechen, aber gleich von Anfang an auch auf Dinge wie den Akkusativ oder die Satzstellung zu achten. Durch das Format lernen sie, anfangs lieber kurze, korrekte Sätze zu benutzen, als lange, komplizierte und mit vielen Fehlern. Da jedes Video auf den vorhergehenden aufbaut, lege ich immer Wert auf die richtige Anwendung vorher gelernter Strukturen, und das funktioniert sehr gut.
Was unterscheidet dein Deutschprogramm „German to go“ von anderen Kursen für Anfänger?
In anderen Video-Kursen für Anfänger wird nur die Grammatik unterrichtet. Es gibt kaum Übungen, um das Gelernte zu festigen. Auf “German to go” habe ich die Videos so interaktiv wie möglich gestaltet. Ich mache Pausen, in denen die Schüler laut ihre Antworten sagen sollen, und gebe anschließend die richtige Lösung. Außerdem gibt es Rollenspiele, Übersetzungen und Bildbeschreibungen. Ich möchte nicht, dass meine Schüler nur passiv am Computer sitzen und sich etwas anhören. Ich möchte, dass sie selbst aktiv werden. Nur so kann man sich an den Klang der eigenen Stimme in der anderen Sprache gewöhnen, lernen, selber korrekte Sätze zu formulieren und sich überwinden, sie sicher und selbstbewusst rüberzubringen.
Der Lehrinhalt ist sehr ausführlich und wird Schritt für Schritt unterrichtet. Man lernt somit, eigenständig Sätze zu formulieren, anstatt einfach nur Sätze auswendig zu lernen.
Außerdem habe ich zusätzlich zu meinen Unterrichtsvideos auch Interviews mit Muttersprachlern aufgenommen und sie an den relevanten Stellen im Kurs platziert, so dass man von Anfang die authentisch gesprochene Sprache hören kann.
Zu jedem Video gibt es klar strukturierte und schön aufbereitete Arbeitsblätter und sogar Audio-Dateien zum Runterladen, damit man auch mal ohne Internetzugang weiterüben kann.
Außerdem bin ich ständig für meine Schüler erreichbar. Auf jeder Seite des Kurses können sie mir dank der Kommentarfunktion jederzeit Fragen stellen, die ich umgehend beantworte.
Wer ist deine Zielgruppe?
Der Kurs richtet sich an Anfänger ohne Vorkenntnisse oder auch mit einigen Vorkenntnissen, die in relativ kurzer Zeit fließend Deutsch lernen möchten. Auch Lerner, die die Grundlagen auffrischen und Fehler beseitigen wollen, werden fündig werden. Auf der Niveaustufe A1 gebe ich Erklärungen auf Englisch, auf Stufe A2 stelle ich die Benutzung des Englischen nach und nach ein und ab B1 erkläre ich alles nur noch auf Deutsch.
Zusätzlich habe ich seit kurzem auch ein Angebot für Lehrer, welches ihnen die Möglichkeit gibt, meine Materialien in ihrem Unterricht einzusetzen und neue Schüler für den Skype-Konversationsunterricht zu finden.
Wo findet man weitere Informationen über dich und das Deutschprogramm „German to go“?
Weitere Informationen findet man auf meiner Website www.germantogo.com * , auf der Facebook-Seite “German to go”, auf Youtube unter „German to go“ und auf Instagram “learnwithgermantogo”. Fragen beantworte ich auch sehr gern unter info@germantogo.com
Auch auf Facebook und Instagram findet man mich.
Wie hat sich dein Lernen im Laufe der Jahre verändert? Wenn du eine neue Sprache lernst, welche Strategie verfolgst du? Wie lernst du jetzt?
Englisch und Französisch habe ich in der Schule gelernt. Ich hatte das Glück, ausgezeichnete Lehrer gehabt zu haben und kam mit der Lehrmethode an der Schule gut zurecht. Zusätzlich habe ich in Sprachkursen noch ein bisschen Spanisch und Chinesisch gelernt. Damals fand ich das gut so, später habe ich gesehen, dass es bessere Methoden gibt.
Bei Aufenthalten im Ausland, auch während des Studiums, habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, ganz, ganz viel in der Zielsprache zu hören und sich mit Muttersprachlern zu umgeben. Der beste Kurs der Welt kann den Kontakt zu den Menschen nicht ersetzen. Es gibt nichts Besseres, als aktiv am Alltagsleben im Land teilzunehmen, und dort in der Sprache etwas über andere Themen zu lernen. So haben sich mein Französisch und mein Englisch ungemein verbessert.
Ein halbes Jahr nachdem ich meinen Mann kennen gelernt hatte, konnten wir uns 3 Monate lang nicht sehen. Er ist Brasilianer und deshalb wollte ich Portugiesisch lernen. Ich habe mir ein Grammatik- und Vokabel-Buch gekauft und es innerhalb dieser drei Monate regelrecht verschlungen. Ich habe Tag und Nacht gelernt. Ich war neugierig und es hat mir einfach Spaß gemacht. Ich wollte meinen Mann mit meinem Portugiesisch überraschen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich jedoch niemanden, mit dem ich die Sprache im Gespräch geübt habe. Als ich dann das erste Mal in Brasilien war, habe ich mich einfach nicht getraut, Sätze zu sagen, von denen ich sogar wusste, dass sie richtig waren – weil mir das Sprechen im Lernprozess gefehlt hatte. Einige Personen mit einer klaren Aussprache habe ich von Anfang an recht gut verstanden, bei anderen hatte ich echte Probleme. Das hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, die Sprache von Anfang an von echten Muttersprachlern zu hören und das Gelernte selbst immer wieder laut anzuwenden, auch wenn es im Selbstgespräch ist. Aus diesem Grund habe ich in meinem Kurs so viele Aufnahmen von Deutschen und lege auch so großen Wert auf das laute Aufsagen der Antworten beim Arbeiten mit den Videos.
Die nächste Sprache war Chinesisch. Hier fand ich die Bestätigung, dass ich allein viel besser vorankomme als in einem Sprachkurs. Na ja, nicht ganz allein. Zuerst einmal habe ich nicht nur mit einem Buch gearbeitet, sondern auf einer Internetplattform gelernt – und zusätzlich habe ich auch die Hilfe einer Tutorin in Anspruch genommen. Sie wohnt nur ein paar Minuten von mir weg und wir haben uns einmal alle 1-2 Wochen getroffen. Während des Unterricht haben wir viel durchgenommen und ich habe dann pro Unterrichtsstunde bestimmt 4-5 Stunden im Selbststudium alles nachbereitet. In der nächsten Stunde wurde alles nochmal kurz wiederholt und dann ging es weiter. Diese Mischung aus Online-Kurs und gelegentlichem Einzelunterricht ist für mich momentan die beste Art zu lernen, da ich meinem eigenen Lernrhythmus folgen und mir meine Zeit selbst einteilen kann.
Welche Materialien nutzt du zum Sprachenlernen?
Wenn ich mich für eine neue Sprache interessiere, sehe ich erst einmal, welche Angebote es im Internet gibt. Das ist ja heutzutage ganz einfach. Ich gucke, ob es eine Seite gibt, auf der ich alles finde, was ich brauche.
Bei der Fülle an Materialien, die im Internet angeboten werden, sollte man sich auf eine bis maximal drei Quellen beschränken, um nicht den Fokus zu verlieren und nicht von den vielen unterschiedlich gestalteten Informationen überwältigt zu werden.
Natürlich sehe ich auch Videos auf Youtube, aber nicht ausschließlich, da mir hier die nötige Struktur fehlt.
Und dann gehe ich auch sehr gern in einen Buchladen und verbringe ganz viel Zeit damit, mir die dort angebotenen Lehrmaterialien genau anzusehen. Ich kaufe mir ein Wörterbuch und vielleicht noch ein Grammatikheft. Trotz der vielen tollen Ressourcen im Internet mag ich es, auch etwas in der Hand zu halten. Zum Beispiel arbeite ich besser mit selbst erstellten Flashcards als mit Vokabel-Apps.
Zusätzlich ist es wichtig, sich gelegentlich mit einem Muttersprachler zu treffen und auszutauschen.
Auch sollte man schon relativ am Anfang anfangen, seine Gedanken in der Zielsprache aufzuschreiben und korrigieren zu lassen.
Woher nimmst du deine Motivation zum Lernen?
Das ist ganz unterschiedlich. Englisch hat mir einfach nur so Spaß gemacht, weil ich gut darin war. So war es anfangs auch mit Französisch. Aber mit der Zeit wurde ich regelrecht verrückt nach Frankreich. Damals gab es ja noch nicht die Möglichkeiten, die uns das Internet heute bietet. Im Radio empfingen wir einen französischen Nachrichtensender, der nachts auch Musik abspielte. Ganz oft bin ich nachts wach geblieben, um die Musik auf Kassetten aufzunehmen. Wenn ich nach Frankreich fahren konnte, kribbelte es mir im Bauch. Ich habe es einfach geliebt, die Sprache zu hören und sie zu sprechen. Eine andere Motivation brauchte ich nicht.
Bei Niederländisch war es genauso. Ich habe es im Studium als Zusatzkurs belegt und mit jedem Fortschritt, mit jeder neuen Sache, die ich sagen konnte, wurde die Begeisterung für die Sprache und für das Land einfach immer größer. Ich denke, das liegt einfach an einer positiven Grundeinstellung zum Lernen.
Für Portugiesisch war die Hauptmotivation mein Mann. Ich wollte mich mit ihm und seiner Familie auf Portugiesisch unterhalten können. Aber danach war es noch so viel mehr, das Land, das ich vorher noch gar nicht kannte, die Menschen, die Kultur…
Bei den Sprachen, die ich heute lerne, kommt die Motivation einfach ganz von allein – wenn ich merke, dass ich Fortschritte mache und mich mit dem Land beschäftige. Jede Sprache öffnet so viele Horizonte. Es ist eine Gelegenheit in eine andere Welt einzutauchen, neue Menschen kennenzulernen, ihre Geschichten zu hören, es ist eine Gelegenheit für so viele tolle Abenteuer und Erlebnisse. Das ist doch einfach fantastisch!
Was würdest du einem Lerner empfehlen, der mit einer neuen Sprache beginnen möchte? Wie soll er anfangen?
Der Anfang ist meiner Meinung nach am schwierigsten. Man muss es schaffen, an diesen einen bestimmten Punkt zu kommen, ab dem das Lernen fast wie von alleine geht, und bis dahin darf man sich von Herausforderungen nicht entmutigen lassen. Man sollte herausfinden, was einen motiviert und begeistert und es sich ständig vor Augen halten.
Auch sollte man nicht zu streng mit sich selbst sein. Das Sprachenlernen geht nicht von heute auf morgen. Es ist in Ordnung auch mal eine Pause einzulegen, um alles “sacken zu lassen”, oder sich eben einen ganzen Monat mal nur mit einem Thema zu beschäftigen. Man sollte nicht versuchen, alles so schnell wie möglich durchzuarbeiten, sondern wirklich bedacht lernen, und nicht zu viele Lernmaterialien auf einmal benutzen.
Wie wichtig findest du Grammatik?
Grammatik finde ich besonders am Anfang sehr wichtig, weil sie die Grundlage dafür bildet, dass man sich selbstbewusst ausdrücken kann. Man sollte sie nicht vernachlässigen oder schwierigere Themen einfach überspringen. So schleichen sich nämlich Fehler ein, die man schwer wieder loswerden kann.
Klar, für viele ist das Hauptziel, einfach in der neuen Sprache kommunizieren zu können. Aber manchmal braucht man gar nicht mal so viel Extrazeit und -arbeit aufzuwenden, um sich dann eben doch korrekt ausdrücken zu können.
Wenn man gute Lehrer und Materialien hat und sich aufmerksam mit den schwierigeren Grammatikthemen beschäftigt, kann man sie wirklich verinnerlichen und viele Fehler entstehen gar nicht erst. Dazu braucht man die Regeln nicht auswendig zu lernen. Am besten ist es, sie erklärt zu bekommen, dann in verschiedenen Zeitabständen immer wieder ganz viele Anwendungsbeispiele zu sehen und sie natürlich auch immer wieder selber zu üben.
Meiner Meinung nach ist es nur schwer möglich, eine Fremdsprache ganz perfekt zu sprechen, wenn man die Grundlagen der Grammatik nicht gelernt hat. Die Grammatik gibt einem einfach mehr Sicherheit, auch wenn man sie am Ende gar nicht mehr bewusst anwendet.
Sie ist ein wichtiger Bestandteil des Lernprozesses, aber natürlich gehört noch viel mehr dazu.
Wie wichtig ist deiner Meinung nach Talent?
Talent ist ein Faktor, aber bei weitem nicht der einzige oder wichtigste. Die Motivation und der Spaß an der Sache sind von viel größerer Bedeutung. Wenn man es wirklich will, die richtigen Ressourcen hat, Zeit in das Üben investiert und Freude hat, dann wird man erfolgreich sein.
Wie viel Zeit investierst du in das Sprachenlernen?
Ich spreche im Alltag mit meinem Mann Portugiesisch. In meinen Kursen verwende ich Englisch und gelegentlich Französisch. Aber aktiv lerne ich momentan keine Fremdsprache, da ich mit Hochdruck am Erstellen und Bearbeiten neuer Videos und Materialien für meine Website arbeite. Meine Freizeit verbringe ich mit meiner dreijährigen Tochter. Wenn alle Videos für das Niveau B1 fertig sind, werde ich etwas herunterschalten und mich auch wieder selber dem Sprachenlernen widmen können.
Du weißt, dass du ein Sprachen-Nerd bist, …
… wenn du mitten in der Nacht aufstehst, weil du nachgucken musst, wie man irgendein Wort, das in deinem Traum vorkam, nochmal in der anderen Sprache sagt.
… wenn dich deine Freunde “Wandelndes Wörterbuch” nennen.
… wenn du Selbstgespräche in einer anderen Sprache fühlst.
… wenn dir dein Partner sagt, dass du im Schlaf irgendwas in einer anderen Sprache geplappert hast.
… wenn du gar nicht merkst, wie schnell die Zeit vergeht, wenn du über Sprachen sprichst.
Möchtest du noch etwas hinzufügen?
Vielen Dank für die Gelegenheit zu diesem Interview. Es hat Spaß gemacht, die Fragen zu beantworten. 🙂
Liebe Juliane, den Dank gebe ich gerne zurück! Vielen Dank für das Interview!
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