Vier Tipps zum Chinesischlernen – ein Gastartikel von Arne von der Polyglot Akademie

Chinesischlernen liegt absolut im Trend. Daher habe ich mal wieder einen Gastartikel für dich. Diesmal geht es darum, wie du am besten und unter bester Ausnutzung deiner Zeit Chinesisch lernen kannst – und Arne von der Polyglot Akademie zeigt dir, wie das geht. Und er spricht aus eigener Erfahrung, so dass du dich auf seine Tipps verlassen kannst.

Chinesisch – eine Sprache, die immer mehr Menschen fasziniert. Fremde Kultur, fremde Zeichen, eine Sprache mit vier Tönen und unbekannten Lauten. Ein Eintritt in eine ganz neue Welt.

Das Problem ist nur: Wie bei kaum einer anderen Sprache kann der Lernende hier unglaublich viel Zeit verbringen, ohne wirkliche Fortschritte zu machen. In diesem Artikel möchte ich kurz auf vier Aspekte eingehen, die dir das Leben beim Chinesischlernen erleichtern werden.

 

Tipp 1 zum Chinesischlernen: Chinesische Schriftzeichen richtig lernen

Die Schriftzeichen sind mit Sicherheit einer der spannendsten und gleichzeitig herausforderndsten Aspekte beim Chinesischlernen.

Wenn man gerade anfängt, Chinesisch zu lernen, können einen die Zeichen schon ein wenig erschlagen. Du kannst NICHTS lesen oder aussprechen und es scheint unmöglich, jemals in der Lage dazu zu sein.

Im ersten Moment scheint es so, als wären die Schriftzeichen völlig willkürlich und chaotisch. Dies ist aber tatsächlich überhaupt nicht so.

Eine Metapher finde ich besonders hilfreich, um diese anfänglichen Zweifel zu überwinden: Stell dir die chinesischen Schriftzeichen wie ein großes Puzzle vor.

Wenn du anfängst, die ersten Teile eines Riesenpuzzles zu legen, fällt es dir schwer, auch nur wenige Teile aneinander zu legen. Doch je mehr Teile du schon gelegt hast, desto einfacher und schneller legen sich die Teile. Kurz vor Vollendung des Puzzles legen sie sich dann komplett mühelos.

Und tatsächlich ist dies bei den Schriftzeichen ganz ähnlich.

Eine essenzielle Rolle spielen dabei die sogenannten Radikale. Sie sind die Puzzleteile, aus denen alle Schriftzeichen bestehen.

Ein Beispiel: 手 bedeutet Hand, das Schriftzeichen ist eines der über 200 Radikale. Dieses Schriftzeichen wirst du in sehr vielen Verben wiederfinden, deren Bedeutung etwas mit der Handnutzung zu tun hat. Dann wird dieses Schriftzeichen oft an die linke Seite gesetzt und verändert seine Form (zu 扌). Wie bei diesen Verben

拉 – ziehen

擦- wischen

扔 – werfen

打 – schlagen

 

Schriftzeichen merken – innerhalb von Sekunden?!

Nehmen wir außerdem das 2. Schriftzeichen擦 (cā) – wischen.

An diesem Beispiel können wir zwei weitere Sachen über die Schriftzeichen erfahren:

  1. Anhand des Schriftzeichens kann man oftmals schon erahnen, wie das Zeichen ausgesprochen wird. Den rechten Teil dieses Schriftzeichens findet man das Schriftzeichen 察 (chá – untersuchen/beobachten) – dieses dient in dem Schriftzeichen für wischen als „tongebende“ Komponente. Von der Aussprache sind diese beiden Zeichen also sehr nah bei einander. Der bedeutungstragende Teil ist dann die Hand, wie oben beschrieben.

 

  1. Tatsächlich konnte ich mir dieses Schriftzeichen 擦 fast auf einen Blick merken, als ich es zum ersten Mal sah. Das wirkt für dich vielleicht unwahrscheinlich – aber wenn du das Schriftzeichen察 (was auch aus mehreren einzelnen Bestandteilen besteht) schon kennst, kannst du dir擦 in Sekundenbruchteilen merken.

Je mehr Schriftzeichen du kennst, umso leichter wird es dir fallen, dir neue Schriftzeichen zu merken. Das kannst du dir am Anfang wahrscheinlich nicht vorstellen (konnte ich auch nicht) – aber ich kann es dir versichern.

Du solltest dir immer vergegenwärtigen, aus welchen Bestandteil ein fremdes Schriftzeichen besteht. Nur so kannst du die Zeichen lernen.

Du solltest auf keinen Fall nur das Schriftzeichen „nachzeichnen“, ohne die Bestandteile auseinander zu nehmen. So wirst du dir die Schriftzeichen niemals merken.

Eine tolle Möglichkeit, dir die Bestandteile anzeigen zu lassen, ist die App „Pleco“. Dies ist ein umfangreiches Wörterbuch, mit dem du dir für jedes Schriftzeichen die Radikale aufschlüsseln lassen kannst.

Für eine tiefergehende Erklärung kannst du dir auch mein YouTube-Video zu den Schriftzeichen anschauen .

 

Tipp 2 zum Chinesischlernen: Die richtige Erwartungshaltung

Ich empfehle dir nicht, die „Kirche mal im Dorf zu lassen“ – im Gegenteil. Ein großes Problem von Chinesisch-Kursen und deren Aufbau ist es tatsächlich, dass die Erwartungshaltung viel zu gering ist.

Wenn es ums Chinesischlernen geht, denken die Lerner meist in Jahren und nicht in Monaten. Auch die Chinesisch-Kurse sind auf einen solchen Fortschritt ausgerichtet – Die Lernenden durchschreiten Lernkurse für die Niveaus A.1.1, A.1.2, A.1.3 usw. Bis wir so bei einem Niveau von z.B. B1 angekommen sind, vergehen schon so einige Semester.

Ich will hier übrigens nicht sagen, dass Chinesisch „einfach“ sei – natürlich ist es schwieriger und zeitaufwendiger als europäische Sprachen wie Spanisch oder Englisch. Doch in Wirklichkeit kannst du auch innerhalb von 6-12 Monaten schon beachtliche Fortschritte machen (auch abhängig von der Zeit, die dir jeden Tag zur Verfügung steht).

Das Problem mit der Erwartungshaltung beim Chinesischlernen spiegelt sich ganz gut im Parkinsonschen Gesetz wider:

Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.

Wenn du nun also glaubst, in einem Jahr könntest du lediglich HSK 1 (erste Prüfung des chinesischen Prüfungssystems) bestehen, dann wird dein Lernprozess sich auch genau auf dieses Ziel ausrichten – viel mehr wirst du dann vermutlich auch nicht erreichen.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass z.B. HSK 3 nach einem Jahr Lernzeit ein besseres, wenn auch ambitioniertes Ziel wäre – wenn du recht viel Zeit zur Verfügung hast, dann ist auch HSK 4 und mehr machbar.

 

Tipp 3 zum Chinesischlernen: Anfangen, Chinesisch zu sprechen

Zunächst: Das ist hier kein revolutionärer Tipp zum Chinesischlernen – er gilt für Chinesisch genauso wie für alle anderen Sprachen. Allerdings ist es meiner Erfahrung nach so, dass das Sprechen beim Chinesisch lernen sogar noch mehr vernachlässigt wird als beim Lernen anderer Sprachen.

Warum? Nun, zunächst natürlich, weil es uns nicht ganz leicht fällt. Die Töne, die Aussprache, kaum Wörter im Vokabular am Anfang. Aller Anfang ist eben schwer.

Das Problem ist nun, dass viele Leute monate- oder sogar jahrelang Chinesisch lernen, ohne wirklich ins Sprechen zu kommen. Es ist allerdings unmöglich, lange Zeit im „stillen Kämmerlein“ zu lernen und dann auf einmal selbstbewusst Chinesisch zu sprechen.

Sprechen ist eine Fähigkeit und sollte trainiert werden – hier einige Tipps:

  1. Du kannst ein klassisches Sprachtandem starten: Zum Beispiel wirst du über Seiten wie Italki oder Apps wie HelloTalk die Möglichkeit haben, chinesische Deutschlerner kennenzulernen. Ihr solltet dann einen Skype-Termin vereinbaren und unbedingt die Zeit in zwei gleiche Teile teilen – z.B. 30 Minuten NUR Chinesisch sprechen, 30 Minuten nur Deutsch sprechen. So kriegt jeder eine gerechte Übungszeit.
    (Anmerkung von Christine: Leider ist es über Italki nicht mehr möglich, Sprachpartner zu finden. Italki bietet inzwischen nur noch bezahlten Unterricht an)

 

  1. Einen Sprachpartner kannst du auch über Facebook-Gruppen (Tandem + deine Stadt suchen) oder auch in deinem lokalen Konfuzius Institut. Diese veranstalten oft Veranstaltungen, um Deutsche und Chinesen zusammen zu bringen.

 

  1. Wenn du einen Lehrer engagieren möchtest, kann ich dir auch Italki empfehlen. Dort kannst du teilweise schon für 10€ die Stunde einen Chinesischlehrer für Skype-Unterricht engagieren.

 

  1. Auch ohne Partner kannst du das Sprechen üben: Zum Beispiel über Selbstgespräche. Du kannst dir mal fünf Minuten pro Tag blocken und dir in der Zeit normale Alltagsfragen stellen (für den Anfang): Wie geht’s dir? Wie war dein Tag? Was hast du am Wochenende vor? Mit steigendem Niveau sind den Fragen natürlich keine Grenzen gesetzt 😉

 

Tipp 4 zum Chinesischlernen: Von Anfang an auf eine korrekte Aussprache achten

Eine gute Aussprache ist beim Chinesischen wichtiger als bei den meisten anderen Sprachen. Die einzelnen Silber wie ci, si oder zi ähneln sich sehr – bei falscher Aussprache vieler Silben und vieler Töne kann es recht leicht zu Verständigungsproblemen kommen.

Die gute Nachricht: Die Anzahl von chinesischen Silben ist tatsächlich sehr begrenzt. Wenn du gerade anfängst, kannst du sogar mit einer Pinyin-Tabelle arbeiten und die Aussprache jeder einzelnen Silbe durchgehen. Keine Sorge, die meisten Silben kannst du ohne Probleme aussprechen. Nur einige Buchstaben des Pinyins wie z, c, s, q oder r brauchen etwas Übung.

Dies kannst du wunderbar mit einem Sprachpartner üben, der dir dann live Feedback zur Aussprache gibt.

Dafür kannst du dir erstens die besagte Tabelle zur Hand nehmen oder auch deinem Sprachpartner ganz einfach einen Übungstext vorlesen. Wenn du auf diese Weise für nur 15-30 Minuten direktes Feedback bekommst ist dies schon mehr, als in wahrscheinlich vielen Unterrichtsstunden in einem konventionellen Kurs.

 

Über den Autor

Arne ist Gründer der Polyglot Akademie und hat einen unkonventionellen Chinesisch-Kurs entwickelt, der Lernende zu HSK 4 und weiter bringt. Bei Fragen zum Chinesischlernen kommentiere gerne unter diesem Artikel oder schreibe ihm eine Mail an: info@polyglotakademie.de.

4 Kommentare

  1. Rio38

    Toller Blog und sehr gute Tipps um sich auf Sprachreisen vorzubereiten.

  2. Juozas

    HSK 3 in a year sounds like a sprint with an extra mile. I wonder how much months if not years one will require after HSK3 exam to recover oneself and start HSK 4 journey. How much of retain power that knowledge will have. I like smaller realistic targets though.

  3. Nicolas

    Moin, ja, die asiatischen Sprachen und die Schreibweisen sind – genau so wie die russischen und arabischen Schriftzeichen – eine ganz besondere Herausforderung für den Lernenden.
    Nach einigen Versuchen habe ich es jedoch aufgegeben und mich den nordischen Sprachen wie dänisch und schwedisch verschrieben.
    In diesen Sprachen fällt es mir als Norddeutscher sehr viel leichter, da die Parallelen zum Plattdeutsch sehr helfen.
    All die Tipps zum Erlernen der asiatischen Sprachen haben mir persönlich leider nicht weitergeholfen. Das muß aber nicht für jeden gelten. Ich spreche da nur für mich.

    Trotz Allem ein herzliches Dankeschön für diesen Gastbeitrag. LG Nico

    • Arne

      Hi Nico,

      ja, die Schriftzeichen sind tatsächlich die größte Herausforderung. Vom reinen Lesen dieser Tipps lernt man die Sprache natürlich noch nicht 😉 Diese Tipps muss man in der Praxis erleben und Ergebnisse beim Chinesisch lernen stellen sich – leider – sowieso nicht über Nacht ein.

      Vielleicht packt dich ja irgendwann wieder die Lust – aber meine Devise lautet sowieso immer: Sprachen lernen muss Spaß machen und jeder hat vermutlich für andere Sprachen (und Hobbys allgemein) eine andere Veranlagung.

      In dem Sinne – viel Spaß beim Lernen 🙂

      LG
      Arne

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