Englisch

Nick ist ein Englischlehrer aus Berlin, der für mich einen Gastartikel geschrieben hat. Da er sogar die Einleitung selbst geschrieben hat, ziehe ich mich hier gleich zurück und übergebe gleich an Nick selbst, aber bedanke mich vorher noch bei ihm für den tollen Artikel und möchte auch noch betonen, dass Nick den Artikel in Deutsch geschrieben hat!

Heute haben wir einen Gastbeitrag von Nick Vance. Wie man eine Fremdsprache als Erwachsene lernt, ist ihm persönlich sowie beruflich sehr wichtig. Heute erklärt er dir, wie du Englisch lernen kannst, während du Zeit mit deiner Familie verbringst. Natürlich gelten diese Tipps nicht nur für Englisch, sondern auch für andere Sprachen.

Als er vor sechs Jahren aus den USA nach Deutschland gezogen ist, fing er mit einem A2-Kurs an. Mittlerweile spricht er fließend Deutsch mit seiner Freundin und seinen Freunden und Kollegen.

Nick arbeitet als Englischlehrer. Seine Schüler sind meistens Erwachsene, die Englisch für die Arbeit brauchen, aber immer noch unsicher und nervös beim Englischsprechen sind. Du kannst mehr über seinen Englischunterricht per Skype hier finden.

 

Englisch üben mit der Familie

Ein sehr gängiges Problem – du willst dein Englisch verbessern, aber hast nicht genug Zeit. Beruf, Studium, Schule, Sport, Hobbys, und Papierkram. Klar willst du auch Zeit mit Freunden und Familie verbringen. Danach bleibt nicht so viel übrig.

Es ist super, wenn du zwei von diesen wichtigen Dingen miteinander kombinieren kannst. Mit deiner Frau ins Fitnessstudio gehen. Mit deinen Kindern wandern gehen. Mit deinen Freunden die Steuererklärung machen… ok, vielleicht funktioniert die letzte Kombination nicht so gut.

Hier ist eine Möglichkeit, die eigentlich funktioniert, aber nicht so klar ist: Englisch mit deiner Familie üben.

Heute werde ich mit dir ein paar konkrete Möglichkeiten an die Hand geben, wie du Englischlernen und Zeit mit deiner Familie kombinieren kannst. Außerdem werde ich ein paar typischen Ausreden widersprechen sowie ein paar Tipps geben, wie das alles am besten funktioniert.

[Ich rede von Englisch, da ich Englischlehrer bin, aber es funktioniert auch bei allen Fremdsprachen, solange einige Familienmitglieder die Sprache auch können]

 

WhatsApp-Nachrichten und SMS auf Englisch:

Heutzutage schreiben wir viel miteinander per SMS, WhatsApp und anderen ähnlichen Apps. Du machst das mit deiner Familie natürlich auf Deutsch, aber wie wäre es, wenn du per WhatsApp auf Englisch kommunizieren würdest? Klar dauert es ein bisschen länger, aber jetzt schlägst du zwei Fliegen mit einer Klappe – kommunizieren und dein Englisch üben.

Frage mal deinen Partner, dein Kind, deine Eltern oder wen auch immer, ob es OK wäre, wenn du ihnen auf Englisch schreibst. Solange ihre Englischkenntnisse ausreichend sind, werden sie sich hoffentlich darauf freuen, dich beim Englischlernen zu unterstützen. Sie werden vielleicht auch ihr Schreiben verbessern und auf Englisch schreiben wollen. Das ist aber kein Muss, um dein Englisch zu verbessern.

Meine ersten zwei Jahren in Deutschland habe ich wenig auf Deutsch geschrieben. Dann hatte ich auf einmal eine Fernbeziehung. Mein schriftliches Deutsch hat innerhalb eines Monats so unglaublich schnell Fortschritte gemacht, da ich endlich einmal jeden Tag geübt hatte. Dass meine Exfreundin Deutsche war, war eigentlich egal – wichtig war, dass ich endlich angefangen habe, viel auf Deutsch zu schreiben.

 

Sprechen auf Englisch:

Es ist ein Mythos, dass Konversation mit Muttersprachlern der einzige Weg ist, eine Sprache zu lernen. Das ist Quatsch. In meinem ersten Jahr in Deutschland fand die Hälfte meiner Konversationen auf Deutsch mit Nicht-Muttersprachlern statt. Manchmal sogar mit Engländern und US-Amerikanern.

Klar gibt es Vorteile von dem Sprechen mit englischen Muttersprachlern. Wenn du aber noch auf dem A1/A2/B1 Niveau bist, brauchst du am meisten einfach Zeit zum Üben. Es ist fast egal, ob dein Gegenüber perfekt spricht oder nicht.

Hier kommt deine Familie ins Spiel. Sie müssen nicht perfektes Englisch mit dir reden. Sie müssen nur Motivation dafür haben, dich zu unterstützen und/oder ihr eigenes Englisch zu üben.

Denke einmal darüber nach, wer in deiner Familie welche Englischkenntnisse hat sowie Lust darauf, Englisch zu sprechen. Wenn es nur eine oder zwei Personen sind, sollte dein Plan anders sein als wenn alle Leute Englisch sprechen können und wollen. Wichtig dabei ist, einen konkreten, jedoch flexiblen Plan haben, wann das Englischsprechen stattfindet. Damit die Gewohnheit bleibt, gilt die Regel: kurz und regelmäßig ist besser als länger und unregelmäßig.

 

Hier sind ein paar Möglichkeiten:

  • English Dinner: einmal der Woche sprecht ihr beim Abendessen nur auf Englisch. Ihr könntet sogar etwas kochen, was mit England oder den USA zu tun hat. Um die Klischees zu erfüllen, vielleicht Fish and Chips oder Burger?
  • die Fahrt zur Schule oder Arbeit: ihr sprecht auf Englisch, während ihr zur Schule oder Arbeit fahrt.
  • die ersten 5 Minuten nach dem Nachhause Kommen: es macht dieses Zusammentreffen spannend. Da diese ersten 5 Minuten oft täglich die gleichen Inhalte haben, wirst du diese Wörter und Phrasen schnell beherrschen.
  • beim Spaziergang: normalerweise ist ein Spaziergang etwas Entspanntes und es gibt viel zu sehen. Deswegen ist es perfekt, um eine Sprache zu üben. Du hast genug Zeit, um dir etwas auszudenken. Es ist auch nicht stressig, wenn du nicht gleich etwas sagen kannst.

 

Spiele auf Englisch:

Wenn du sowieso mit deiner Familie spielst, kannst du es auf Englisch machen. Eine einfache Methode wäre, die die englische Version von Brettspielen zu spielen. Man kann diese leicht online finden und kaufen.

Es gibt aber auch Spiele, bei denen die Sprache ein wichtiger Teil ist. Zum Beispiel Ratespiele wie Tabu (Taboo) oder Schlagwort (Catch Phrase), oder Äpfel zu Äpfel (Apples to Apples).

Bei den Spielen Tabu und Schlagwort muss eine Person ein bestimmtes Wort oder einen Satz erklären, während ihre Teammitglieder versuchen, es zu erraten. Es geht aber ein bisschen schnell, und ist deshalb nicht so gut für Leute, deren Englischkenntnisse noch nicht so gut sind.

In Äpfel zu Äpfel geht alles langsamer und ist deshalb viel entspannter. Geschwindigkeit mit der Sprache spielt keine Rolle. Man muss versuchen, passende Nomen zu einem bestimmten Adjektiv zu finden. Es gibt kein richtig oder falsch! Die Person, die an der Reihe ist, entscheidet, je nachdem, wie sie gelaunt ist – vielleicht welches Paar am lustigen oder am interessanten oder wie auch immer ist.

 

Mögliche Widerstände:

Wenn ich diese Methoden empfehle, höre ich manchmal ganz schnell Ausreden, warum es nicht funktioniert. Ich würde gerne einigen von diesen Ausreden widersprechen.

“Es ist besser, mit Muttersprachler zu sprechen.” Ich habe diese Ausrede schon widerlegt.

“Meine Familie würde das NIE machen.” Frage doch mal. Sie werden dich vielleicht überraschen.

“Meine Familie ist normalerweise sehr skeptisch und negativ.” Ich empfehle, klein anzufangen. Sage nicht sofort, dass ihr gleich ein ganzes Jahr lang jeden Montagabend Englisch sprechen wollt. Schlage lieber vor, das einmal zu probieren, um zu sehen, wie es funktioniert.

“Mein Vater spricht kein Englisch. Er würde sich ausgeschlossen fühlen.” Das ist berechtigt. In diesem Fall ist es nicht so gut, das am Esstisch während des Abendessens auszuprobieren. Stattdessen könntest du vorschlagen, Englisch zu reden, wenn er nicht da ist oder wenn die Familie sowieso ohne ihn etwas unternimmt. Zum Beispiel reden meine deutsche Freundin, ihr Vater und ich oft auf Englisch zusammen, aber nur, wenn ihre Mutter, die kein Englisch spricht, nicht dabei ist.

 

Meine Tipps:

Hier sind ein paar Tipps, die dir helfen können, diese Methode erfolgreich umzusetzen.

Start Small – Schlage nicht vor, das ganze Wochenende nur auf Englisch zu reden. Besser ist es, mit nur 5 oder 10 Minuten anzufangen, um es auszuprobieren und erstmal zu sehen, wie es klappt. Du willst doch, dass die ersten Versuche funktionieren und sich langsam zu einer Angewohnheit verwandeln, oder? Dann kannst du anfangen, längere Gespräche zu führen.

Immer zurück auf Englisch – Ab und zu wirst du etwas sagen oder schreiben wollen, aber du schaffst es auf Englisch einfach nicht. Das ist kein Problem. Sage das Wort oder den Satz oder die Idee einfach auf Deutsch, gehe dann aber direkt wieder in das Gespräch auf Englisch zurück.

Kläre vorher ab, ob Feedback gewünscht ist – Wenn ihr anfangt, sprecht darüber, ob du oder deine Familie korrigiert werden wollen. Dieser Wunsch kann sich auch ändern oder von der Situation abhängen. Zum Beispiel mag ich es nicht, wenn meine Freundin während eines Gespräches mein Deutsch korrigiert, aber ich mag es, wenn wir uns ab und zu hinsetzen und sie erklärt mir meine häufigsten Fehler. Du solltest auch versuchen, nicht zu viel zu korrigieren. Wenn das Gespräch ständig unterbrochen wird, macht das Ganze weniger Spaß.

Have fun! – Vergiss nicht, Spaß dabei zu haben. Der Hauptvorteil von solchen Übungen ist, sich wohl dabei zu fühlen, auf Englisch zu sprechen und dabei zu trainieren, schneller und fließender deine Ideen in Wörter zu verwandeln. Wenn es keinen Spaß macht, wirst du schneller aufhören.

 

Fazit

In unserem Leben ist Zeit oft der entscheidende Faktor, ob man sich mit Sprachen beschäftigt oder nicht. Du willst dein Englisch verbessern, aber du willst nicht weniger Zeit mit deiner Familie verbringen. Wenn du die zwei Dinge kombinierst, bringst du zwei Vögel mit einem Stein um (auf Englisch heißt “zwei Fliege mit einer Klappe schlagen” “to kill two birds with one stone… gruselig, oder?).

Es kann auch andere positive Wirkungen auf deine Beziehung mit deiner Familie haben. Ihr macht neue und spannende Dinge zusammen. Ihr lernt eine andere Seite von den Leuten kennen, mit denen du die meiste Zeit verbringst. Und ihr helft euch gegenseitig, euer Englisch zu verbessern. Nicht schlecht, oder?

Hast du das schon einmal probiert? Hat es funktioniert oder nicht? Oder wirst du jetzt anfangen? Ich freue mich auf deine Fragen, Kommentaren und Erfahrungen.

 

Der Autor

Dieser Artikel wurde von Nick Vance geschrieben. Er ist ein Online-Englischlehrer, der aus den USA stammt, aber seit 6 Jahren in Berlin wohnt. Du kannst mehr über sein Englischunterricht per Skype hier finden.

 

Anmerkung von Christine:

Der Artikel wurde von Nick übrigens in Deutsch geschrieben. Große Klasse, wie ich finde!!!!!!