Geld oder Leben – warum ich Sprachlehrerin geworden bin

Geld oder Leben - oder warum ich Sprachlehrerin geworden bin

Warum aber bin ich überhaupt Sprachlehrerin geworden? Diese Frage stellte Marta Rechul von Tutorcompass – und in diesem Artikel erzähle ich dir von meinem Werdegang und eben davon, warum ich genau das arbeite, was ich arbeite.

Geld oder Leben?

Geld oder Leben ist für viele das klassische Krimimotto. Nicht dass dir jetzt jemand in irgendeinem Hinterhof auflauern möchte … aber vielleicht weißt du ja schon, dass ich Sprachlehrerin bin – und da ist die Verbindung von fremden Ländern wie Italien über – ich gebe zu, das ist ein Vorurteil – die Mafia hin zu Krimis nicht so abwegig! Ich liebe Krimis und ich liebe meinen Beruf (abgesehen von einigen Begleiterscheinungen, aber das ist ein anderes Thema)!

Bei Geld oder Leben in Bezug auf meinen Beruf war aber nie die Frage, das zu trennen. Geld verdienen und Freude am Beruf zu haben schließen sich meiner Meinung nach nicht aus. Meinen Beruf, Sprachlehrerin und seit einiger Zeit auch Bloggerin, Autorin und alles, was dazugehört, übe ich nach wie vor mit großer Begeisterung aus.

Viele Menschen sehen daher aber meinen Beruf nicht als „Arbeit“ an, sondern eher als mein Hobby – aber warum sollte man nur auf die Arbeit gehen, um Geld zu verdienen und schon am Montag die Tage bis Freitag herunterzuzählen? Manchmal frage ich mich, ob das typisch für uns Deutsche ist.

Häufig höre ich die Frage „Und? Wann arbeitest du endlich mal was Richtiges?“ Dazu muss man wissen, dass ich nicht fest angestellt, sondern freiberuflich tätig bin. Meine Arbeitszeiten sind eher, sagen wir, unkonventionell, zudem erledige ich einen Großteil meiner Arbeit von zu Hause aus. Da kommen manche schon auf die Idee, ich würde andauernd auf dem Sofa sitzen.

Um meinen beruflichen Werdegang zu verstehen, muss man allerdings 30 Jahre zurückgehen. Ich bin nach dem Abitur auf ein Spracheninstitut gegangen, habe Sprachen in der Schule zwar nicht gehasst, aber auch nicht wirklich geliebt. Die gängigen Lernmethoden der Schule waren der Leidenschaft nicht gerade zuträglich, so dass die Leidenschaft für die Sprachen noch ein bisschen warten musste. Früher war es auch nicht üblich, sich seinen Beruf frei wählen zu können. Berufe wurden danach ausgesucht, was praktisch war, welche Firma in der Nähe lag und welcher Beruf von den Eltern akzeptiert wurde.

Die Leidenschaft für Sprachen …

Die Leidenschaft für Sprachen kam erst während meiner Arbeit bei der Firma Siemens (dort habe ich auch meine Ausbildung gemacht) – ich machte an einem Spracheninstitut in Nürnberg berufsbegleitend die erforderlichen Abschlüsse und Lehrbefähigungen, um unterrichten zu dürfen, weil ich in diesem Büro kreuzunglücklich war. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich endlich selbst entscheiden, wie, was und wann ich lernen wollte. Ich konnte mir meine Sprachlehrer selbst aussuchen, konnte meine Unterrichtsstunden selbst planen und entscheiden, welche Bereiche ich lernen wollte und welche nicht.

Ab der Geburt unserer Tochter wählte ich als Zusatzsprache (zu Englisch, Französisch und Latein) noch Italienisch, bereitete mich per Fernstudium auf weitere Prüfungen und Übersetzerabschlüsse vor und fing an, als freiberufliche Lehrkraft und Übersetzerin zu arbeiten. Freiberuflich deshalb, weil ich unter anderem wegen der Krankheit unseres Sohnes auf sehr flexible Arbeitszeiten angewiesen war.

Und dann passierte etwas Wunderbares: Ich wurde beruflich immer glücklicher. Erstens kam ich aus diesem schrecklichen Büro heraus – mit 2 Kindern wäre die tägliche Fahrt dorthin sowieso nicht machbar gewesen -, zweitens war die Leidenschaft für die Sprachen inzwischen voll entfacht, drittens konnte ich voller Enthusiasmus mein „Besserwissergen“ ausleben! Meine Schüler und Kursteilnehmer können ein Lied davon singen! Meine Familie übrigens auch.

Was liebe ich an meinem Beruf?

Ich liebe es also, vor Menschen zu stehen und zu unterrichten. Ich liebe es, mich auf die Stunden vorzubereiten – ohne Zwang eines Lehrbuches oder bestimmter Vorgaben. Ich liebe es, Menschen dabei zu unterstützen, sprachlich voranzukommen. Ich arbeite sehr gerne selbstbestimmt und bin dank einer guten Organisation nicht darauf angewiesen, von außen Anweisungen zu erhalten. Meine Arbeit macht mir – auch wenn die Rahmenbedingungen nicht optimal sind – einen Riesenspaß, und daher ist es für mich auch (meistens) kein großes Problem, häufig 14 oder 15 Stunden pro Tag zu arbeiten. Es fühlt sich ja nicht so an. Allerdings bedeutet das nicht, dass ich mir nur die Rosinen herauspicke. Selbstverständlich gibt es auch ungeliebte Begleitarbeiten und schwierige Situationen.

Meine Arbeit besteht nicht nur aus Vorbereitung des Unterrichts und dem Unterricht selbst. Die Beschäftigung mit den Sprachen macht ebenfalls einen großen Teil aus, außerdem schreibe ich meine Blogartikel und kümmere mich um einige andere Projekte. Auch ein Buch habe ich letztes Jahr geschrieben, im Moment arbeite ich an der englischen Übersetzung – sie ist fast fertig! Natürlich ist das nur möglich, weil ich mit sehr guten Sprach- und Organisationsprogrammen arbeite, mit denen ich den Überblick behalte.

Vielleicht lässt sich so auch erklären, warum Menschen zu mir sagen „Wann arbeitest du denn mal was Richtiges?“ Für andere Menschen sieht es ja tatsächlich so aus, als würde ich mich mit meinen Hobbys beschäftigen. Vor allem wenn ich auf Facebook oder Twitter unterwegs bin, Blogartikel schreibe oder Internetrecherche betreibe, sieht das nicht wirklich nach Arbeit aus.

Daher arbeite ich auch am Wochenende oder im Urlaub. Ich brauche die Balance zwischen Arbeit und Leben nicht. Ich integriere mein Leben lieber in meine Arbeit, indem ich das tue, was ich gerne tue, und indem ich nach meinen persönlichen Werten lebe und arbeite. Dabei ist die persönliche Selbstbestimmung und Freiheit ein wichtiger Punkt. Der Wermutstropfen ist die Bezahlung – es gibt mit Sicherheit besserbezahlte Jobs und vor allem besser abgesicherte.

Jedoch wiegen das selbstbestimmte Arbeiten und die Komplimente meiner Teilnehmer („Ich habe gar nicht auf die Uhr geschaut, so interessant war das heute!“) diese Nachteile auf.

Ich kann also sagen, dass ich nicht nur meinen Beruf, sondern tatsächlich meine Berufung gefunden habe.

Ach ja: Und manchmal lesen wir Krimis – dann allerdings fremdsprachige Ausgaben – sogar im Unterricht. Dann bekommt der Ausdruck „Geld oder Leben“ eine ganz andere Bedeutung.

 Herzliche Grüße

Christine

6 Kommentare

  1. Elías

    Buena elección, Gute Entscheidung ! 😉

    • Christine

      Hallo Elías,

      vielen Dank. Ich finde auch, dass es eine gute Entscheidung war. Ob das meine Schüler auch finden, ist natürlich die zweite Frage. 🙂

      Viele Grüße
      Christine

  2. Dilyana

    Brava! Che bella storia 🙂

  3. La Giù~Lia

    Um deine Frage „[…], ob das typisch für uns Deutsche ist.“ zu beantworten: JA! 😀

    Zum Rest: Vielleicht kann ich mir ja ein bisschen was von Dir abgucken, wenn ich in Italien eventuell tatsächlich Deutschkurse anbieten sollte… 🙂 Ich glaube auch, dass freiberufliches Arbeiten sehr viel glücklicher machen kann, als für andere zu arbeiten. Nicht muss. Aber kann. Und genau deshalb will ich es auch probieren. Trotz der unleugbaren Negativaspekte. Mein Grundsatz ist allerdings, dass man das, was man gerne tut auch gut macht und deshalb damit immer erfolgreicher sein wird, als wenn man etwas macht, das man eigentlich nur halbherzig oder widerwillig, weil’s eben gemacht werden muss, tut. (Komplizierter Satz, aber ich glaub, man versteht, worauf ich rauswill… 😀 )
    Das war schon immer meine Meinung, die mir von Seiten meiner Eltern und diversen Ausbildungsberatern beim Arbeitsamt nur Unverständnis und schlechte Prognosen entgegenbrachte. Bisher hab ich sie alle eines besseren belehren können und hoffe, das auch mit meinem nächsten Schritt tun zu können. 🙂 Dein Post ist jedenfalls eine Bestätigung dieser meiner Einstellung. Danke dafür 🙂

    • chkonstantinidis

      Hallo Julia, auch ich stoße immer wieder auf Unverständnis. Ich finde es aber am wichtigsten, sein Ding zu machen. Das ganze Geld aus einem ungeliebten Job nützt einem nichts, wenn man es hinterher für ärztliche Behandlungen und Psychotherapie ausgeben muss.
      Herzliche Grüße Christine

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