Es stellt sich immer wieder die Frage: Wie lernt man eigentlich eine Sprache richtig? Welche Methoden sollte man anwenden, welche Fehler sind zu vermeiden?
Es gibt natürlich kein Patentrezept, aber Gabriel von Sprachheld.de und ich haben insgesamt 24 Sprachlehrer, Lerner, Blogger und Übersetzer gefragt! Jeder Experte – und das waren sie alle! – hat einen identischen Fragebogen bekommen und diesen beantwortet.
Die Antworten findest du in einer Artikelserie von 10 Folgen – in jeder Folge wird eine Frage beantwortet. Jeweils die Hälfte der Experten antwortet auf meinem Blog, die andere Hälfte auf Sprachheld.de. Du darfst also gespannt auf die Antworten sein!
Jeden ersten Dienstag im Monat (die nächste also am 1. Dezember) gibt es eine neue Folge – und in jeder Folge werden jeweils ein Experte auf meinem Blog und ein Experte auf Sprachheld.de näher vorgestellt. Jetzt aber – Vorhang auf und viel Spaß beim Lesen. Die Hälfte mit den anderen 12 Experten gibt es in diesem Artikel.
Expertin des Tages: Jane Eggers
Ich bin Britin und wohne seit 20 Jahren in Deutschland, ich bin Übersetzerin von Beruf, mit einem Deutschen verheiratet und Mutter von drei zweisprachigen Kindern. Ich liebe es, mit Sprache zu spielen – Wortspiele, Gedichte, Lieder schreiben, wie auch immer, und ich mag das tolle Gefühl, wenn man eine Sprache neu lernt und plötzlich verstanden wird.
Meinen Blog, gedacht für deutsche Muttersprachler, die in Englisch schreiben möchten, findet man hier: Blog von Jane Eggers
Nun aber zu den Antworten der 12 Experten auf die erste Frage: Wie sieht erfolgreiches Sprachenlernen aus, was ist für dich die beste Methode?
Anastasia Rylnikov (Technische Übersetzerin)
Es ist leider ein bunter Mix aus Allem. Die Basis gilt es auswendig zu lernen, danach neues Vokabular erlernen mithilfe von Büchern, Gesprächen, Filmen, sozialen Netzwerken. Unverständliches nachgucken, googlen, sich erklären lassen, nicht faul sein. Akzeptieren, dass die erste Stufe „Verstehen“ umfasst und zwar nicht alles sofort, sondern nur kurze Brocken. Mit der Zeit sollten gelernte Vokabeln und Informationen beim Sprechen eingesetzt werden. Akzeptieren, dass manchmal oder sehr oft nicht das rauskommt, was man sagen wollte und dazu noch sehr langsam. Die Sprache muss gelebt werden, denn sie gehört zu einer Kultur dazu, auch wenn nicht den ganzen Tag lang.
Anna Gubanova (Sprachenthusiastin, sie beherrscht 6 Sprachen)
Ich lerne am schnellsten durch einen privaten Sprachunterricht. Sonst jeden Tag die neue Vokabeln wiederholen und ab und zu Filme oder Programme auf der Sprache schauen.
Damian (Student – Ziel: Dolmetscher)
Einer der wichtigsten Punkte ist natürlich das Sprechen. Ich weiß wie viele Male ich das von anderen Lernenden gehört habe: „ich verstehe zwar viel, aber beim Sprechen…“. Dieses Problem hat natürlich mit der Art, wie wir in der Schule oder in Kursen lernen zu tun- Grammatik, Zeiten, Präpositionen, Vokabeln… und das Sprechen kommt meist zu kurz.
Eine einfache, geniale Methode um Sprechen zu üben, ist Tandemgespräche zu führen. Das macht Spaß, kostet gar nichts und kann über Skype gemacht werden. Die Sprache täglich zu verwenden, nützliche Vokabeln dabei zu lernen (praktische Vokabeln, die man im Alltag benutzt) fühlt sich super an und wirkt wahnsinnig auf die Motivation. Man freut sich auf das nächste Gespräch, man unterhält sich über interessante Sachen und will sich auch gegenseitig beeindrucken, in dem man neue Vokabeln, Redewendungen und Sprichwörter benutzt.
Das ist für mich die beste Methode, und fühlt sich gar nicht wie Lernen an, aber bringt unglaublich viel beim Sprachenlernen.
Emad (Sprachlerner)
Die beste Methode für mich ist Learning By Doing. Das heißt, dass man versuchen muss die Fremdsprache zu verwenden. Dafür ist es natürlich vorteilhaft, Leute zu haben, mit den man sich unterhalten kann. Also ist ein Tandem auf jeden Fall zu empfehlen. Noch besser wäre ein Aufenthalt im Ausland 🙂
Birgit Bauer (Betreiberin von zwei Bildungszentren, Bloggerin)
Es gibt so viele praktische Tipps zum Erlernen einer Sprache, wie es Sprachen gibt. Die perfekte, für alle Lerner optimale Lernmethode gibt es meiner Erfahrung nach nicht. Die für mich beste Methode habe ich über viele Jahre hinweg optimiert.
Durch meine Veranlagung erfasse ich Strukturen recht schnell, eben auch Sprachstrukturen, und somit lerne ich keine Grammatikregeln, sondern erfasse sie nebenher im Laufe der Zeit.
Ich umgebe mich so viel wie möglich mit der Zielsprache, treffe Muttersprachler, schaue fremdsprachige Filme (eventuell zunächst mit Untertiteln), lese von Anfang an Texte in der Fremdsprache (wenn nötig mit einer beigefügten Übersetzung) und halte mich nicht damit auf, jedes Vokabel verstehen zu müssen.
Das funktioniert bestens für mich – für andere mag diese Methode jedoch unbrauchbar sein.
Birgit findest du übrigens im Internet auf ihrem Blog „Bildungsraum“ und auf dieser Internetseite.
Chiara Fortini (Sprachlehrerin)
Es gibt keine perfekte Lernmethode an sich, jeder von uns reagiert unterschiedlich auf Angebote und was für andere einfach scheint, könnte für mich schwierig sein. Jeder von uns muss seine eigene ideale Methode finden. Und wie findet man sie? Es genügt nicht, viele zu kennen, man muss sie auch ausprobieren, um zu wissen, welche am geeignetsten für einen ist.
Im Unterricht benutze ich im Allgemeinen oft das Lehrbuch (wir haben keine technischen Geräte wie PC usw. zur Verfügung), in dem Dialoge, Hörübungen und Ergänzungsübungen zu Wortschatz und Grammatik angeboten werden, alles begleitet von vielen Bildern, die die bildhafte Erinnerung anregen. Aber wenn die Schüler dann zu Hause sind und niemanden neben sich haben, der sie anleitet, was machen sie dann? Hier mache ich Vorschläge und gebe Ratschläge zu möglichen Lernmethoden und Materialien, die sie benutzen können, um das Lernen zu erleichtern.
Um Vokabeln zu lernen, empfehle ich ihnen, Klebezettel, Etiketten oder Post-ist auf Gegenstände im Haus anzubringen oder ein Vokabeltrainingsprogramm auf dem Computer zu installieren.
Um das Hörverständnis zu verbessern, sind Kopfhörer hilfreich, damit Dialoge, Lieder oder Sendungen in der Fremdsprache angehört werden können, auch wenn man nicht zu Hause ist. Dadurch können tote Zeiten ausgenutzt werden (Beispiel: man wartet beim Arzt).
Zu Hause kann man dagegen Filme oder Fernsehsendungen schauen oder Podcasts und Hörbücher hören und das Internet verwenden.
Und schließlich kann man das Sprechen üben, wenn man nicht ins Ausland gehen kann, indem man sich – und das ist die beste Methode – einen Tandempartner in der eigenen Stadt sucht, mit dem man laufend und wiederholt Kontakt hat. Um das Sprechen in der Lernsprache zu üben, kann man auch Skype benutzen (hier gibt es eine Seite, auf der sich die Nutzer als Tutoren für Fremdsprachen eintragen können und so kann das auch eine gute Möglichkeit sein, neue Freunde zu finden!)
Eine andere Möglichkeit, das Sprechen der Lernsprache zu üben, ist, mit sich selbst zu sprechen (ich habe das sehr oft gemacht, als ich Studentin war. Dadurch lernte ich die Vokabeln, trainierte die Aussprache und erhielt ein bisschen Sicherheit im Sprechen, wenn dann die Gelegenheit kam, mit richtigen Menschen zu sprechen).
Welche Methode auch immer meine Schüler wählen, ich empfehle ihnen, eine starke Motivation zum Lernen zu haben, vielleicht sollten sie sich die Gründe für das Lernen aufschreiben oder auf ein Blatt Papier drucken und dieses dann zu Hause an einem Ort aufhängen, an dem sie diese Gründe oft sehen können. So haben sie ihr Ziel immer vor Augen und vergessen es auch nicht in schwierigen Lernphasen.
(Ich mache ein Beispiel, das mich betrifft, auch wenn es um ein anderes Thema geht: ich würde in meiner Küche ein Foto von mir aufhängen, kurz bevor meine Tochter Anna geboren wurde, und vielleicht würde ich mich vom Essen fernhalten und eine strengere Diät halten).
Eine Empfehlung, die ich nicht müde werde zu wiederholen, ist, freiwillig, mit Geduld und regelmäßig zu lernen, es ist nicht wichtig, wie viel Zeit man jeden Tag auf das Lernen verwenden kann, aber es ist wichtig, sich jeden Tag ein kleines bisschen dem Lernen zu widmen. So gewöhnt man sich nach und nach daran, Zeit zum Lernen aufzubringen und auf lange Sicht sieht man auch die Erfolge.
Ein anderer Ratschlag, den ich gebe, ist, die Sprache kreativ zu verwenden, indem man sie auf unterhaltsame Art anwendet (zum Beispiel beim Übersetzen oder Anhören eines Liedtextes oder eines Gedichts. Das sind die Dinge, die ich selbst mache, weil ich Musik und Poesie liebe.)
Ein kleiner Motivationstrick ist, die Sprache auch in Zeiten, in denen man müde ist, zu verwenden ist, seine Interessensgebiete zu wählen: man kann Internetseiten oder Blogs heraussuchen, die einen interessieren, und diese in der Lernsprache lesen (ich beispielsweise schaue im Internet in meiner Lernsprache Neuigkeiten und Informationen über die Länder und Städte an, die ich einiges Tages, wenn Anna größer ist, besuchen will).
Ich sage meinen Schülern laufend, dass sie keine Angst vor dem Sprechen in der Lernsprache haben sollen und dass es ihnen nicht peinlich sein muss. Eine Sprache mündlich anzuwenden ist die einzige Art, sich zu verbessern und jedes Mal ein bisschen mehr Sicherheit zu gewinnen. Wir müssen akzeptieren, dass wir in einer Sprache, die nicht unsere Muttersprache ist, Fehler machen und dass wir nicht alles wissen. Das ist der Schlüssel dazu, Fortschritte zu machen und den Kopf zum Lernen frei zu haben.
Im Allgemeinen halte ich die emotionale und persönliche Seite beim Lernen für sehr wichtig, denn eine neue Sprache zu lernen heißt auch, dass man Hemmungen und Ängste überwinden muss, die einen im täglichen Leben blockieren. Außerdem sind Sprachen das Mittel für neue Bekanntschaften (der Mensch vor allem in der heutigen Gesellschaft braucht soziale Kontakte).
Es gibt einige Vorteile (es gibt Studien, die beweisen, dass das Erlernen einer Sprache Demenzerkrankungen verzögern, die Hirntätigkeit verdoppeln, die Aufmerksamkeitsspanne erhöhen, unser Erinnerungsvermögen erhöhen, ebenso die Fähigkeit zuzuhören, das Gehirn muss mehr arbeiten, um unterschiedliche Laute auseinanderzuhalten, mehrere Sprachen zu lernen trainiert das Gehirn, das besser zu unterscheiden, was an den Ohren ankommt), die Sprachlerner haben. Je attraktiver diese Vorteile für meine Schüler sind, desto motivierter sind sie und desto mehr engagieren sie sich, eine geeignete und effektive Methode zum Lernen für sich selbst zu finden.
Christian Roth (Experte auf dem Gebiet „Zukunft des Lernens“)
Input, Input, Input! Denn genau so, haben wir auch unsere Muttersprache gelernt! Die Form des Inputs sollte sich m.E. nach dem persönlichen Lerntyp richten. Nutzt man seinen am besten ausgeprägten Sinneskanal, lernt man schneller!
Christian findest du im Internet auf der Internetseite von talkREAL.
Francesca (Erasmus-Studentin)
Erfolgreiches Sprachenlernen ist eine Herausforderung von dir selbst und keinem anderen.
Die beste Methode ist es, jeden Tag eine Übung zu machen.
Giulia Novali (Sprachwissenschaftlerin für Deutsch und Englisch)
Eine Sprache zu lernen bedeutet für mich einfach, in der Lage zu sein, mit Menschen, die die gleiche Sprache sprechen, ob als Muttersprache oder nicht, zu kommunizieren.
Eine Sprache erfolgreich zu lernen jedoch bedeutet noch ein bisschen mehr … es bedeutet, das Fundament und die Logik einer Sprache zu verstehen, das Fundament, das auch die Basis der Kultur der Völker ist und aus dem zweigleisigem Lernen (sprachlich und kulturell) besteht, das vielleicht als beste Methode angesehen werden kann.
Inge Elsner (Italienischlernerin)
Einen Kurs buchen und konsequent teilnehmen, Hausaufgaben machen, Texte lesen, Kochrezepte in der Fremdsprache lesen und vielleicht nachkochen. Alle Tipps, die man bekommt, ausprobieren.
Daniel / Vanessa (Betreiber des Sprachlernblogs)
Ich finde eine Sprache sollte man nicht nur lernen, sondern auch wirklich leben. Es ist wichtig, dass man eine Sprache als Kommunikationsmittel versteht. Erfolgreiches Sprachen lernen ist nur möglich, wenn man auch vom ersten Tag an die Sprache in seinem Alltag verwendet und spricht.
Einen „Ich-bin-jetzt-soweit-Tag“ gibt es nicht. Nur durch Fehler die man beim Sprechen macht, kann man korrigiert werden und aus Fehlern lernen. Ich denke, die beste Methode ist Learning-by-Doing. Nicht lange überlegen und planen, sondern einfach machen.
Daniel und Vanessa findest du mit ihrem Sprachlernblog auf dieser Internetseite.
Jane Eggers (Übersetzerin für Englisch und Bloggerin)
Der beste Weg ist vermutlich der natürlichste: im Land zu sein, in die Lernsprache eingebettet. Das ist zwar anstrengend, aber effektiv!
Darüber hinaus stellen die besten Methoden sicher, dass die Lerner permanent die Sprache verwenden müssen und nicht nur Wortlisten lernen, sondern praktisch kommunizieren, idealerweise mit Spaß.
Jane findest du auf Ihrer Internetseite Jane-Eggers-Translations.
Die zweite Hälfte der Experten findest du auf Sprachheld.de – und das nächste Mal sind „meine“ Experten auf Sprachheld.de und die „Sprachheld-„Experten bei mir. Du darfst also schon gespannt sein, auch auf die zweite Frage …
In den nächsten Tagen gibt es auch die englische bzw. italienische Originalfassung der Antworten von Claudia, Kirsty, Chiara, Guilherme, Giulia, Jane und Olly!
Viele Grüße und viel Spaß und Erfolg beim Lernen
Christine und Gabriel
0 Kommentare
25 Pingbacks