Der Lerner hat das Wort – Marco* aus Italien Wie lernt er Sprachen?

 

Heute gibt es wieder einmal ein Interview aus der Rubrik „Der Lerner hat das Wort“. Diesmal hat mir Marco aus Italien (*) die Antworten auf meine Fragen gegeben. Marco heißt nicht wirklich Marco, aber es handelt sich trotzdem um eine richtige Person aus Italien. Allerdings hat er mich gebeten, den Namen zu ändern. Das Interview ist dadurch ja nicht weniger interessant.

Hallo Marco, erzähle mir ein bisschen über dich selbst und deinen Hintergrund. Welche Sprachen sprichst du?

Italienisch, Französisch, Englisch, Spanisch, Deutsch

 

Warum hast du dich entschieden, Sprachen zu lernen?

Aus einer Leidenschaft für Sprachen.

 

Wie sieht erfolgreiches Sprachenlernen aus, was ist für dich die beste Methode?

  1. Die beste Methode, um eine Sprache zu lernen, ist – meiner Meinung nach – die Wiedergabe der verschiedenen Situationen, in der man eine Sprache normalerweise benutzt. Die Vielfalt ist hier wichtig. Man sollte darauf achten, dass man die wesentlichen Fähigkeiten entwickelt: das Hören, das Sprechen, das Lesen, das Schreiben. Man sollte auch den Wortschatz und die Grammatik entwickeln.
  2. Ich bin auch davon überzeugt, dass die erwachsenen Anfänger wie die Kinder lernen können. Ein Erwachsener kann natürlich nicht so leicht und schnell eine Sprache lernen wie ein Kind. Aber er kann sich „in eine kindlichen Situation“ hineinversetzen. Man kann also „spielerisch“ lernen.

Man kann sich Videos für Kinder ansehen (und zuhören). In einem Video für Kinder ist die Sprache normalerweise leichter, langsamer, und klarer. Ich empfehle dafür die App YouTube Kids.

Man kann grundsätzlicher Wortschatz mit Hilfe von Abziehbilder in Kinderheften lernen.

Aber meiner Meinung nach lernt man spielerisch am besten mit der App Drops. Diese App gebraucht Bilder. Man muss das Bild mit seinem Wort (oder Satz) verbinden. Ich empfehle Drops vor allem den absoluten Anfängern. Das heißt für diejenigen, die eine Sprache von null anfangen zu lernen.

 

Wie ist dein Lernansatz?

Ich benutze zwei oder drei Ebenen:

– Die Erste enthält Sachen, die man jeden Tag macht: die täglichen Aufträge.

– Die Zweite ist, was man wöchentlich tut.

– Der Rest kann man wie in einem Kreis erledigen: man erledigt jede Aufgabe in einer Reihenfolge ohne große Zeitverpflichtungen. Nachdem die letzte Aufgabe erledigt wird, fängt man bei der ersten Aufgabe wieder an.

Man kann alles das mit Hilfe von Trello organisieren und folgen.

Was Deutsch anbelangt:

– Erste Ebene (täglich): Flashcards wiederholen (ich benutze die App „Memorion“, es gibt aber auch andere), Memrise Hauptkurs (5-10 min.), Langenscheidt Kalender „Deutsch als Fremdsprache“, Radio hören (B5 Aktuell, Bayern 2, HR Info, Inforadio vom RBB, NDR Info, NDR Kultur). Ich höre das im Auto, auf dem Weg zur/von der Arbeit. Ich verwende die App TuneIn Radio. Deutsches Radio im Auto hören ist für mich schwer: ich verstehe vielleicht  50%. Um eine Verbindung mit dem Smartphone zu kreieren, muss das Autoradio den Bluetooth haben (oder eine Kabelverbindung per AUX-Kabel).

– Zweite Ebene (wöchentlich): Italki. Aber … nicht nur Konversationen, sondern auch Texte-Korrekturen. Es ist wichtig, dass man regelmäßig Texte schreibt. So könnte man mit dem Sprechpartner (über eine Stunde Gesamtzeit) z.B. eine halbe Stunde reden und eine halbe Stunde den geschriebenen Text korrigieren. Nach der Italki-Stunde schreibt man neue Wörter und Ausdrücke unbedingt in seiner/ihrer Flashcards-App auf.

– Dritte Ebene (Kreis): Langenscheidt Grammatik B1 mit Übungen, DW (Deutsche Welle)-Video-Thema, die Übungen auf allemandfacile.com, DW-Alltagsdeutsch, Texte lesen im Magazin Deutsch Perfekt, DW-Nicos Weg, GI (Goethe-Institut) – die Übungen in Deutsch für dich, DW-Telenovela Jojo.

 

Wie schaffst du es, neben einer Vielzahl von anderen Beschäftigungen zu lernen?

Mache es kurz! Jede einzelne tägliche Tätigkeit sollte 5-10 Minuten dauern. Verwende jede mögliche Zeitlücke: Du kannst z.B. 5 Minuten an der Bushaltestelle oder in der U-Bahn sitzend trainieren. Es nützt mehr, 5-10 Minuten viermal pro Tag als drei Stunden einmal pro Woche zu üben!

Verwende die Zeit im Auto, um dein Hörverständnis zu trainieren.

 

Welchen Fehler gilt es unbedingt zu vermeiden?

  1. Keine unrealistische Ziele! Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Organisiere eine Routine, die wirklich funktionieren kann, die nicht zu schwierig ist.
  2. Niemals die Lernkette unterbrechen. Wenn du eines Tages am Abend noch nichts gemacht hast und gar keine Lust hast zu lernen, wiederholst du lediglich fünf Vokabeln, und dann gehst du ins Bett.

 

Wie wichtig ist deiner Meinung nach Talent beim Sprachenlernen?

Talent macht den Lernprozess schneller. Aber das wichtigste sind eine große Motivation und Disziplin und Fleiß, die ein Ausdauer-Verhalten erlauben.

 

Was ist dein wichtigster Tipp für Sprachlerner?

Kreiere eine Routine. Das ist ein Lernverhalten, das sich jeden Tag wiederholt. Eine bestimmte Zeit und/oder ein bestimmter Ort kann helfen, um (sich) eine Gewohnheit zu verstärken/kräftigen. Zum Beispiel: Nach der Arbeit gehe ich nach Hause. Zurück zu Hause finde ich auf dem Tisch in der Küche drei Langenscheidt Kalender, die auf mich warten: Deutsch als Fremdsprache, Spanisch, Business English. Ich muss mich lediglich setzen und meine täglichen Aufgaben erledigen. Das dauert insgesamt 15 Minuten (5 Minuten pro Kalender).

 

Vervollständige den Satz: Du weißt, dass du ein Sprachennerd bist,

wenn du dich nicht nur Grammatik, Wortschatz usw. trainierst, sondern auch die Aussprache. Wenn du dich der Verbesserung der Aussprache und Intonation widmest. Sprich langsamer, aber sprich gut aus. Eine Sprache ist auch etwas Theatralisches, … und Musikalisches.

Vielen Dank für deine Antworten, Marco!

6 Kommentare

  1. EvaK

    echt super Beitrag. In meinem Urlaub in dem Luxushotel Südtirol könnte ich die Sprache auch benötigen 🙂

  2. Flo

    Ich möchte auch gerne italienisch lernen. Werde demnächst damit beginnen. Das sind echt gute Tipps für den Anfang

    • Christine

      Hallo Flo, ja, das stimmt. Aus der Praxis kommen oft die besten Tipps. Arbeitest du bei der Sprachschule, die du als Link angegeben hast?

  3. Renata

    Ein sehr interessantes Interwiev! Ich habe es mit große Freude gelesen. Marco hat viele interessanten Sachen gesagt, die wir- Fremdsprachenlernende – wissen, aber ich finde es sehr gut, sich an den bekannten Regeln und Techniken zu erinnern. Ausdauer, Motivation, Ziel und Disziplin müssen wir ab und zu finden, denn in unserem Leben gibt es viele unterschiedlichen Momente aber das stört nicht!
    Vielen dank für den interessanten Artikel!

    • Christine

      Hallo Renata, vielen Dank für den Kommentar. Ja, Ausdauer, Motivation, Ziel und Disziplin sind die Hauptzutaten beim Lernen. Es ist nicht das Talent. Eher die Liebe an der Sache selbst – wenn ich etwas gerne mache, dann brauche ich keine Ausreden…

      Viele Grüße
      Christine

  4. Inge

    Toller Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert