Fehler sind wie Spinat und Brokkoli – keiner mag sie! Oder doch?

Fehler sind wie Spinat und Brokkoli - keiner mag sie! Oder doch_

Dilyana von Germanskills.com hat zur Blogparade zum Thema „So lernt man aus Fehlern am besten“ – hier ist mein Beitrag dazu.

Magst du Spinat? Oder Brokkoli? Nein? Fehler magst du vermutlich auch nicht. Warum eigentlich nicht? Kennst du Fehler noch aus deiner Schulzeit, als die Lehrer dir schlechte Noten verpasst haben, wenn du zu viele Fehler in deinen Hausaufgaben oder Arbeiten gemacht hast? Wurdest du dann zu Hause geschimpft und hast dadurch immer wieder erfahren müssen: Fehler sind etwas Schlimmes – Fehler macht man nicht?

Aber hast du schon einmal versucht, Fehler positiv zu sehen?

Fehler positiv sehen? Wie soll das denn gehen – das wirst du dich jetzt vielleicht fragen. Fehler sind doch nichts Positives. Fehler sind peinlich, blamabel und stellen mich als Versager hin.

Das finde ich nicht. Ich finde, dass Fehler durchaus positiv zu sehen sind. Erstaunlicherweise musst du sogar Fehler machen, wenn du eine Sprache lernen willst – ohne Fehler geht es nicht. Selbst die erfolgreichsten Sprachlerner machen Fehler, und zwar am laufenden Band. Nur – was machen erfolgreiche Sprachlerner anders als diejenigen, die sich scheuen zu kommunizieren.

 

Erfolgreiche Sprachlerner verpassen nicht die schönen Seiten des Sprachenlernens

Wenn du nicht in deiner Lernsprache sprichst, nur weil du Angst vor Fehlern hast, dann verpasst du so viel. Du verpasst die Unterhaltungen mit Muttersprachlern, die Freundschaften, den Kontakt mit dem Land selbst. Nur aus Büchern lernen ist langweilig, nur Grammatik und Vokabeln wiederholen ebenso. Warum lernst du die Sprache denn? Sicherlich nicht, um immer noch weitere Lektionen in deinen Lehrbüchern oder deiner Grammatik zu bearbeiten. Du willst doch irgendwann mit den Menschen in Kontakt treten, mit ihnen sprechen, lachen, feiern, die Zeit genießen! Du verpasst so viel Schönes im Leben, wenn du diese Gelegenheiten verstreichen lässt!

Erfolgreiche Sprachlerner lassen sich von Muttersprachlern korrigieren

Sprich mit den Menschen und freue dich, wenn sie dich korrigieren. Du wirst feststellen, dass die meisten Menschen schon begeistert sind, wenn du drei zusammenhängende Worte in ihrer Sprache sprichst – das ist unglaublich motivierend! Ich bin mir sicher, dass dich niemand wegen deiner Fehler auslachen wird (und wenn doch, willst du sowieso keinen Kontakt mehr mit dieser Person haben, oder?). Also – traue dich zu sprechen und bitte um Korrekturen. Ich lasse mich bei meinen Spanischgesprächen auch korrigieren, aber nicht jede Kleinigkeit, sondern nur die ganz schlimmen Fehler (was Carlos nicht davon abhält, dennoch alles zu korrigieren …, aber das ist eine andere Geschichte).

Erfolgreiche Sprachlerner nutzen jede Gelegenheit für kostenlosen Sprachunterricht

Es ist eine Binsenweisheit, aber sie stimmt nach wie vor: Sprechen lernt man nur durch das Sprechen, ebenso wie du Schwimmen nur durch Schwimmen lernst und Klettern nur durch Klettern. Erfolgreiche Sprachlerner nutzen also jede sich bietende Gelegenheit, um an ihren Sprachkenntnissen zu arbeiten. Du befindest dich in einer italienischen Bar? Wunderbar – dann bestellst du deinen Caffè in Italienisch und hältst mit dem Barista gleich noch ein kleines Schwätzchen. Es muss ja nicht über italienische Politik sein. Du suchst ein gutes Restaurant in einer französischen Stadt? Großartig – dann frage doch mal eine ältere Dame oder einen älteren Herrn auf der Straße danach. Ältere Herrschaften haben im Allgemeinen viel Geduld und sprechen nicht ganz so schnell. Du wirst sehen, dass du mit jedem Gespräch besser verstehen und auch besser reagieren kannst.

Erfolgreichen Sprachlernern ist keiner ihrer Fehler peinlich

Erfolgreiche Sprachlerner können auch einmal über sich selbst lachen. Hast du schon einmal von falschen Freunden gehört? Falsche Freunde sind Wörter, die genauso oder ähnlich wie in deiner Muttersprache aussehen, dann aber – erstaunlicherweise – etwas ganz anderes bedeuten. Wie oft bin ich selbst schon in diese Falle getappt! Soll ich mich jetzt 10 Jahre lang grämen? Besser ist es doch, darüber zu lachen! Manchmal sind Fehler auch wirklich lustig, zum Beispiel wenn man im Italienischen in einem Bekleidungsgeschäft keine „pantaloni“ (Hosen), sondern „pannolini“ (Windeln) kaufen möchte. Da sind Lacher garantiert, aber sie sind mit Sicherheit nicht böse gemeint. Außerdem: Wenn dir einmal eine solche Wortverwechslung passiert ist, garantiere ich dir, dass dir das kein zweites Mal mehr passieren wird! Und eine Anekdote für deine Kinder hast du dann auch noch.

Erfolgreiche Sprachlerner sind mit Spaß bei der Sache

Wie gehst du an das Sprachenlernen heran? Freust du dich auf deine Lerneinheiten, freust du dich auf Gespräche mit Muttersprachlern? Erfolgreiche Sprachlerner lernen mit großer Freude eine Sprache (meist sogar mehrere, eben weil es so viel Spaß macht!) und lassen sich durch Fehler nicht entmutigen oder von ihrem Vorhaben abbringen. Also: Freue ich auf und über deinen Lernfortschritt und auch über deine Fehler.

 

Erfolgreiche Sprachlerner sehen ihre Fehler als Chance

Wenn erfolgreiche Sprachlerner einen Fehler machen, sehen sie diesen als Chance, es das nächste Mal besser zu machen. Vielleicht führen sie sogar ein Fehlerprotokoll. Und wenn der Fehler wieder und wieder passiert, ist es für sie auch nicht schlimm – dann wird die Struktur oder das Wort eben immer und immer wieder verwendet, bis der Fehler verschwunden ist. Dadurch stellen sie aber nicht ihr Lernen in Frage und zweifeln nicht an sich selbst. Sie haken einen Fehler ab (sobald er dokumentiert ist) und machen mit Freude die nächsten!

 

Erfolgreiche Sprachlerner integrieren die Sprache in ihren Alltag

Was ist der Hauptunterschied von erfolglosen und erfolgreichen Sprachlernern? Die erfolgreichen Lerner integrieren die Sprache in ihren Alltag, für sie hört das Lernen nach dem Zuklappen des Buches noch lange nicht auf. Sie schauen Filme in der Lernsprache, sie lesen Bücher, schreiben Mails an Freunde, sind auf Facebook aktiv, hören Radio und Podcasts, lesen Blogs und Zeitungen, treffen sich mit Menschen, die ihre Lernsprache sprechen. Sie integrieren also die Sprache so häufig wie möglich in ihren Alltag – und dadurch verbessern sie sich stetig und oft, ohne es selbst richtig zu merken. Ich nenne das gerne „In-der-Sprache-Baden“.

 

Erfolgreiche Sprachlerner vergleichen sich nicht mit anderen Sprachlernern

Du findest, dass deine Nachbarin mehr Talent hat als du? Talent wird definitiv überbewertet, es ist erwiesen, dass Talent nicht der herausragende Faktor beim Sprachenlernen ist. „Fehlendes Talent“ ist meist nur eine Ausrede für: „Ich habe keine Lust“, „Ich habe die passende Methode für mich noch nicht gefunden“ oder „Ich habe Angst vor dem Sprechen“. Die meisten Menschen sind keine sprachlichen Überflieger. Es gibt sicherlich Menschen, denen Sprachen leichter fallen als anderen, aber vieles lässt sich durch die richtige Strategie und auch – und hauptsächlich – durch Selbstverantwortung für das Lernen wettmachen.

 

Erfolgreiche Sprachlerner werden aktiv

Erfolgreiche Sprachlerner sitzen nicht zu Hause und warten darauf, dass der geduldige Muttersprachler, der für jeden Fehler Verständnis hat, an der Tür klingelt. Sie suchen sich aktiv ihre Sprechgelegenheiten und freuen sich über jeden sprachlichen Kontakt, auch wenn es am Anfang mühsam ist. Sie übernehmen Verantwortung für ihren Lernprozess und schieben nicht alles auf die Ausrede „Ich kenne ja niemanden, der Italienisch/Spanisch/Französisch/Englisch spricht!“. Über das Internet sind solche Kontakte wirklich kein Problem mehr.

 

Erfolgreiche Sprachlerner haben Geduld mit sich

Erfolgreiche Sprachlerner verzweifeln nicht gleich an sich, wenn sie mit bestimmten Strukturen Probleme haben. Ich beispielsweise stehe immer noch vor 1000 Fragezeichen, sobald es um die beiden Präpositionen „por“ und „para“ im Spanischen geht. Manchmal verzweifle nicht ich, sondern Carlos, der nicht müde wird, mir den Unterschied immer wieder mit Beispielen und unendlicher Geduld zu erklären. Theoretisch ist es auch klar, aber in Gesprächen, im Eifer des Gefechts sozusagen, erwische ich doch immer wieder die falsche Variante. Na und? Dennoch spricht Carlos noch mit mir, und auch sonst hatte dieser Fehler keinerlei negative Auswirkungen auf meine Spanischkontakte. Also werde ich geduldig weiter an diesem Problem arbeiten (worüber andere Sprachlerner vielleicht lachen, weil sie es so einfach finden!) und mich nicht entmutigen lassen.



Mein Rat

Verlasse dein stilles Kämmerlein, werde aktiv und suche dir Menschen für Gespräche. Mache alle Fehler dieser Welt beim Sprechen mit diesen wunderbaren Menschen und freue dich darüber! Du wirst feststellen, dass diese Gespräche, die gemeinsame Zeit, die Abendessen, Barbesuche, Stadtbummel oder gegenseitigen Besuche jeden noch so schwerwiegenden Fehler tausend Mal wieder aufwiegen!

Viel Spaß dabei!

Christine



Wenn du mehr über dieses Thema lesen möchtest, habe ich hier noch zwei weitere Artikel für dich:

Fehler sind wichtig beim Lernen

Wer nicht spricht, macht keine Fehler. Oder?

Natürlich bietet dir auch mein Buch viele weitere Tipps! Schau einfach mal rein – zum Beispiel bei Amazon.

7 Kommentare

  1. the italian language specialist

    Hat dies auf Italian in Italy's Blog rebloggt und kommentierte:
    For our German-speaking students, I recommend this blog – this posts, for example, contains important suggestions !

    • chkonstantinidis

      Thanks for recommending me on your blog. Grazie mille!

  2. La Giù~Lia

    Ich mag Brokkoli und Spinat wenn sie entsprechend zubereitet sind 😀
    So geht es mir auch mit Fehlern… Dinge, die ich nicht wissen kann, sind für mich persönlich akzeptable Fehler. Dinge, die ich eigentlich weiß, aber trotzdem falsch mache, gehen für mich persönlich gar nicht! 😀 Aktuell plage ich mich z.B. mit dem italienischen Konjunktiv und Passato Remoto herum, das führt dann zu einem Brokkoli-Spinat-Gemisch, mit dem ich aber einigermaßen leben kann.
    Im Grunde ist es natürlich aber richtig, dass man Fehler machen muss, um besser zu werden. So ein kleiner linguistischer Perfektionist, wie er in meinem Köpflein sitzt, ist da nicht immer nur hilfreich, weil er Fehler einfach nicht gerne mag, aber dafür spornt er auch unwahrscheinlich an. Der richtige Koch kann eben auch aus Brokkoli und Spinat ein leckeres Menü zaubern! 🙂

    • chkonstantinidis

      Hallo Julia,

      ich mag Brokkoli auch, ebenso Spinat… Ich brauchte nur ein Bild. 😀
      Fehler sind immer wieder das Problem beim Lernen – nicht nur bei Unterhaltungen mit Muttersprachlern, sondern auch in Sprachkursen oder bei der Arbeit mit Schülern. Vermutlich kommt das tatsächlich daher, dass in der Schule Fehler immer als schlecht bewertet wurden.
      Auch Dinge, die man schon weiß, aber dennoch falsch macht, sind akzeptable Fehler – sofern man sie für sich nutzt und daraus lernt. Irgendwann wird es schon! Ich schlage mich aktuell mit den spanischen Präpositionen „por“ und „para“ herum (sollte eigentlich die Regeln schon kennen, mache aber immer wieder Fehler) und kämpfe mit den Verbformen. Hauptsache aber, dass meine Gesprächspartner mich verstehen.
      Ich schicke Dir mal zum Passato remoto und zum italienischen Konjunktiv zwei oder drei Arbeitsblätter- beides ist nämlich gar nicht so schwer.
      Viele Grüße
      Christine

      • La Giù~Lia

        Ah, von diesem „por-para-Paradoxon“ hat mir ein Bekannter auch schon erzählt! 😀 Aber da zeigt sich wieder, Regeln kennen und sie dann anzuwenden, sind zwei Paar Schuhe… 😉 Ich hab auch grundsätzlich kapiert, wann der Konjunktiv verwendet wird, aber ich bin so gewohnt, den mittels Imperfekt oder Futur zu umgehen, dass ich mir grad echt schwer tu beim „Umgewöhnen“ 😀 Aber wird schon. Die Bildung scheint mir weitestgehend tatsächlich recht einfach, anders z.B. als beim PR.

        Was die Wahrnehmung von Fehlern angeht, glaube ich auch, dass das durchaus mit reinspielen könnte. Allgemein ist Scheitern in unserer Gesellschaft (anders als z.B. in den USA) auch sehr verpöhnt. Und im Grunde sind Fehler ja so etwas wie Scheitern bzw. umgekehrt, nur eben mit einer mehr oder weniger großen oder gewichtigen Bedeutung. Ich hab jedenfalls gemerkt, dass es sehr viel Überwindung kostet, mit Fehlern umzugehen zu lernen. Besonders dann, wenn man hohe Ansprüche an sich selbst hat. Aber wenn man den Dreh mal raus hat, ist es plötzlich gar nicht mehr so schwer. Da kann man vom Sprachenlernen noch richtig was fürs Leben lernen. 😉

        • chkonstantinidis

          Naja, aber dieses „por-para-Problem“ ist ja nur eins. Das Italienische hält da auch noch einige Hürden bereit – diese Mysterien der Sprache sind ja nicht auf eine Sprache beschränkt. Ich bin leider auch so ein kleiner Perfektionist und lasse mir durch den kleinsten Fehler den Tag vermiesen. Aber ich arbeite dran … 🙂
          Komischerweise fällt mir diese „Ist-mir-doch-egal“-Einstellung im Spanischen wesentlich leichter als in anderen Sprachen. Vermutlich ist es eine Kopfsache.
          Danke für Deinen superausführlichen Kommentar!
          Viele Grüße
          Christine
          P.S. Und sag mir Bescheid, falls Du mal mit mir zusammenarbeiten möchtest – themenmäßig passen wir doch gut.

          • La Giù~Lia

            Ja, die Sprachhürden versuch ich eine nach der anderen zu nehmen, anders geht’s glaub auch gar nicht.
            Die Zusammenarbeit hab ich nicht vergessen, im Gegenteil, ich überleg schon immer, was ich mach schreiben könnte, das gut zu deinem Blog passt. Wenn ich ne Idee hab, meld‘ ich mich umgehendst! 😀
            LG

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